Invincible

Staffelfinale: 30.04.2021 | Anbieter: Prime Video | Episoden: 8 | FSK: 18 | Land: USA | Genre: Animation, Action


Kritik

Bereits in meiner Kritik zu "Jupiter's Legacy" habe ich geschrieben wie viele Superheldenserien gerade auf den Streaming-Anbietern erscheinen und wie übersättigt das Genre doch eigentlich ist. Nach meinen Abstechern auf Disney+ und Netflix hatte ich eigentlich keine Lust mehr auf ein neues Helden-Scharmützel und in Zeichentrickoptik schon gar nicht. Dann hat "Invincible" aber für wahre Begeisterungsstürme und hohe Wertungen gesorgt, was genug war um mein Interesse zu wecken. Und was bin ich am Ende froh doch noch eine Superheldenserie gesehen zu haben. "Invincible" vereint mit seinem Humor und dem hohen Gewaltgrad zwei Stärken der beliebten Amazon-Serie "The Boys", die hier durchaus als Vorbild diente. Doch hinter dem Werk stehen mehr als nur flotte Sprüche und spritzendes Blut. Die Comicvorlage stammt von "The Walking Dead"-Autor Robert Kirkman und kann im englischen Original mit namhaften Sprechern wie Steven Yeun, J.K. Simmons und Sandra Oh aufwarten. Eine Mixtur die sich lohnt.

 

"Invincible" handelt vom 17-jährigen Schüler Mark Grayson, der eigentlich ein ganz normales High-School-Leben führt, wäre da nicht sein Vater vom Planeten Viltrum, der als Omni-Man die Superschurken bekämpft. Sein Vater ist jedoch nur einer von vielen Superhelden die auf der Erde ihr Unwesen treiben, zu denen auch die Gruppierung der Guardians of the Globe gehören. Als Mark endlich auch seine Kräfte erlangt, muss er als Invincible dem Erbe seines Vaters gerecht werden, der ihm allerdings einiges verschwiegen hat.

Thematisch erinnert "Invincible" also unweigerlich an die ebenfalls kürzlich gestartete Netflix-Serie "Jupiter's Legacy", in der es auch um eine große Superhelden-Gruppierung und das schwerwiegende Erbe für die jüngere Generation ging. Die Geschichte die "Invincible" erzählt, funktioniert jedoch nicht nur von Anfang an besser, da die Charaktere deutlich sympathischer sind und auch die Inszenierung der Action gleich zu überzeugen weiß, sie geht auch noch einen ganzen Schritt weiter. Denn statt einer Gruppierung gibt es hier gleich mehrere Superhelden-Zusammenschlüsse, angeführt vom renommiertesten, dem Guardians of the Globe. Daneben tummeln sich jedoch so viele Superhelden und Superschurken auf der Erde, dass es immer etwas zu tun gibt. Und mehr noch: Daneben gibt es Ausflüge ins All, auf den Mars, eine Alien-Invasion und einen galaxisumspannenden Konflikt. Ganz schön viel also für acht Episoden einer Serie, doch "Invincible" gelingt der Spagat zwischen der abenteuerlichen Schurken-Hatz und den alltäglichen Familien- und Liebesproblemen von Mark Grayson ganz gut. Als Zuschauer wird man in eine verrückte aber in sich schlüssige Welt geworfen und verbringt knapp sechs Stunden darin, die am Ende auch definitiv Lust auf mehr machen. Obwohl die Charaktere sehr gut funktionieren und die Geschichte nie ihren Schwung verliert, erzählt "Invincible" trotzdem eine altbekannte Geschichte. Das gilt sowohl für den Coming-of-Age-Part, bei dem Mark seine Identität als Superheld nur schwer unter einen Hut mit seinen Freunden und Liebschaften bringen kann, als auch für den Helden-Part, in dem Mark das schwere Erbe seines mächtigen Vaters angehen muss, der ihn auf alles vorbereiten will. Aus diesen altbekannten Tropes macht "Invincible" aber ein wirklich spaßiges Stück Unterhaltung, da der Humor nie zu kurz kommt und in Sachen Brutalität fast schon Maßstäbe gesetzt werden.

Nun ist auch Robert Kirkmans "The Walking Dead" nicht gerade zimperlich, in "Invincible" geht es dennoch deftig zur Sache. Das Blut und die Eingeweide spritzen unaufhörlich über den Bildschirm, Köpfe werden abgeschlagen, Körper zerteilt und sogar ganze Massaker angerichtet. Dabei ist die explizite Gewaltdarstellung aber nicht nur Mittel zum Zweck, sondern zeigt ähnlich wie "The Boys" auch, was unkontrollierbare Superhelden anrichten können, wenn sie ihre Macht missbrauchen. Vor allem das Staffelfinale mit einer gewissen U-Bahn-Szene brennt sich nachhaltig ins Gedächtnis. Wie rigoros "Invincible" da seine Karten auf den Tisch legt und vor nichts zurückschreckt ist beeindruckend und hat mich mit offenem Mund zurückgelassen. Die FSK 18 ist jedenfalls vollkommen verdient, man kann nur hoffen dass keine nichtsahnenden Eltern ihren Kindern eine neue Zeichentrickserie vorsetzen, ansonsten kommt spätestens im Finale der Pilotepisode ein ganz böses erwachen.

"Invincible" stellt aber durchaus eine Seltenheit dar, denn außerhalb von Animes findet man nur noch wenige gezeichnete Filme und Serien. Die Amazon-Serie besticht dabei nicht nur durch ihre hohe Qualität, sondern nutzt ihr Potenzial voll aus. Die zahlreichen Schauplätze und gigantischen Actionszenen würden in einer Realverfilmung Unmengen an Geld verschlingen, gezeichnet besitzen die Macher hier Freiheiten wie sie andere Superheldenserien nicht haben. Darüber hinaus überzeugt die Inszenierung, gerade in eben jenen Actionszenen, und der Soundtrack ist ebenfalls stimmig. Ein weiteres Highlight der Serie ist jedoch die Synchronisation. Im englischen Original wartet die Serie mit bekannten Darstellern wie Steven Yeun, J.K. Simmons, Sandra Oh und sogar Mark Hamill auf, aber auch in der deutschen Synchro sind die Stimmen bestens bekannt und sorgen für eine hohe Qualität.

Wenn ich der Serie etwas ankreiden kann, dann vielleicht, dass im Mittelteil der Serie Marks Liebschaften und das High-School-Drama etwas zu viel Platz einnehmen und das altbekannte Superman-Problem. Ja, auch hier gibt es Helden die so mächtig sind, dass ihnen kaum etwas anhaben kann, was für einige übertriebene Action sorgt. Da der Großteil der Helden jedoch alles andere als Invincible ist, hat es mich dieses mal nicht ganz so gestört wie sonst.

 

Fazit

Wem es ähnlich geht wie mir und nicht weiß, ob er sich "Invincible" anschauen soll, der darf gerne in die Pilotepisode reinschauen. Was anfangs wie eine gewöhnliche Teenie-Superheldenstory aussieht, mündet in der fulminanten letzten Szene in ein beispielloses Massaker, dass mich fassungslos zurückließ. Mit "Invincible" gelingt Amazon nach "The Boys" bereits die zweite sehenswerte Superhelden-Serie, in einem eigentlich völlig übersättigten Genre. Die Serie ist nicht so zynisch wie "The Boys" aber genauso humorvoll und in Sachen Brutalität noch einmal eine ganze Ecke härter. Wer sich fragt, wie das bei einer Zeichentrickserie gehen soll, wird spätestens im Staffelfinale belehrt werden, das definitiv nichts für unter 18-jährige ist. "Invincible" erfindet das Superheldenrad zwar nicht neu, bildet aus den bestehenden Tropes aber ein überaus interessantes Werk, dass mit seiner gelungenen Optik, tollen Sprechern und rasanten Actionszenen zu überzeugen weiß. Damit schlägt die Amazon-Produktion auch die fast zeitgleich erschienene und thematisch ähnliche Netflix-Superheldenserie "Jupiter's Legacy" um Längen.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Prime Video