Squid Game

Staffelstart: 17.09.2021 | Anbieter: Netflix | Episoden: 9 | FSK: 16 | Land: KOR | Genre: Thriller, Drama


Kritik

Serien wie "Haus des Geldes" (Spanien) oder "Dark" (Deutschland) haben gezeigt, wie erfolgreich vergleichsweise kleine internationale Serien auf Netflix werden können. Jetzt tritt die südkoreanische Serie "Squid Game" auf den Plan, die sich in wenigen Tagen zum globalen Phänomen gemausert hat. Ted Sarandos, seines Zeichens Co-CEO von Netflix, hat bereits zu verstehen gegeben, dass "Squid Game" zur erfolgreichsten internationalen Show werden wird und vielleicht sogar die 82 Millionen Zuschauer der meist-geschauten Netflix-Serie aller Zeiten, "Bridgerton", toppen könnte. Grund genug, um mir das globale Phänomen einmal genauer anzuschauen, was mit seiner Prämisse unweigerlich an ein Battle Royale alà "Die Tribute von Panem" und an eine klassische Gameshow erinnert. Doch was zunächst nach seichter Unterhaltung aussieht, führt im Verlauf zu einem mitreißenden Thriller mit Systemkritik, der eine ganz eigene, morbide Faszination entwickelt.

 

Der Spielsüchtige Seong Gi-Hun (Lee Jung-jae) lebt bei seiner Mutter und hat mächtig Schulden. Zu viele um seine kleine Tochter zu versorgen. Also tritt Seong zusammen mit 455 anderen armen Menschen einem rätselhaften Wettkampf bei, bei dem der Sieger 45,6 Milliarden Won (umgerechnet ca. 33 Millionen Euro) gewinnen kann. Doch die eigentlichen Kinderspiele entpuppen sich als blutige Wettstreite, bei denen der Verlierer mit dem Leben bezahlt.

Es handelt sich bei "Squid Game" also um ein typisches Battle Royale, dass sich gerade in Gaming-Kreisen weiterhin größter Beliebtheit erfreut. Gemischt wird das ganze mit einer klassischen Gameshow, die man so in der echten Welt jedoch nicht umsetzen könnte. Anhand der Prämisse und dem Trailer zur Serie, hätte ich also nicht allzu viel erwartet. Anders als ihre amerikanischen Pendants, wissen südkoreanische Stoffe oftmals solch simplen Themen, dennoch eine gewisse Tiefe abzugewinnen. Bestes Beispiel: Oscar-Gewinner "Parasite", der seine Gesellschaftskritik in ein einfaches und blutiges Szenario verpackt hat. Ähnlich gehen auch die Macher von "Squid Game" vor. Der Klassenkampf zwischen Arm und Reich, sowie die Verrohung der Gesellschaft, stehen im Zentrum. Verpackt in diese bunten und leicht zu verstehenden Kinderspielen, die sich dann aber in ein blutiges Massaker wandeln. Der hohe Unterhaltungswert der Serie rührt jedoch nicht nur von der gelungenen Gesellschaftskritik oder den blutigen und spannenden Spielen, das zwischenmenschliche Drama ist sogar noch gelungener. Die Charaktere funktionieren sehr gut und "Squid Game" erreicht eine Tragik, die ich dem Format anfangs überhaupt nicht zugetraut hätte. Gerade die herzzerreißende sechste Episode wird nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Das Spiel was dort gespielt wird, ist nicht sonderlich blutig und schon gar nicht actionreich, dennoch erreicht die ruhige Episode eine beeindruckende Intensität und sorgt für große Emotionen. Und auch im Hintergrund brodelt es ordentlich. Wer verbirgt sich hinter dem mysteriösen Taskmaster und was sind eigentlich die Ziele der Organisation?

Diverse Mysterien, ein spannender Wettkampf und tolle Charaktere sorgen letztendlich für ein enorm hohes Binge-Potenzial. "Squid Game" hat mich absolut begeistert, obwohl die Serie natürlich nicht frei von Schwächen bleibt. Zum einen muss man sich anfangs etwas an das Overacting der Darsteller gewöhnen, was typisch ist für einen asiatischen Film. Allerdings wird dieser Umstand auch vom Drehbuch abgeschwächt, da der Einstieg noch sehr locker ist und später die Geschichte weitaus düsterer wird. Zum anderen bleibt die Serie am Ende einige Antworten schuldig. Das ist zwar nicht schlimm, da die finale Episode ohnehin eine zweite Staffel vorbereitet, dennoch bin ich skeptisch ob die Serie ihre morbide Faszination behalten kann, da sich das ganze in einer zweiten Staffel natürlich nicht mehr so frisch anfühlt wie hier. Staffel 2 wird also mehr aus seinem spannenden Setting machen müssen und weiter hinter die Kulissen des Spiels blicken als diese Staffel. Letzten Endes kann nämlich auch das Ende der ersten Staffel nicht mit dem Anfang mithalten, was insbesondere daran liegt, dass nach vielen Überraschungen und Schockmomenten die Geschichte zum Ende hin deutlich geradliniger und vorhersehbarer verläuft. 

 

Fazit

Es ist kein Wunder, dass "Squid Game" so viele Menschen anspricht. Ähnlich wie der ebenfalls aus Südkorea stammende Oscar-Gewinner "Parasite", verpackt "Squid Game" seine Gesellschaftskritik in einem ebenso blutigen, wie cleveren Konzept. Dazu weiß die Thriller-Serie mit zahlreichen Spannungsmomenten zu überzeugen und erreicht dank seiner tollen Charaktere auch eine ungeheure Tragik, die ich dem Format gar nicht zugetraut hätte. Allein für Folge 6, die eigentlich das unspektakulärste Spiel von allen beinhaltet, nur um dann eine Stunde lang den atemberaubenden Höhepunkt der Serie zu bilden, lohnt sich "Squid Game" bereits. Klar ist aber auch, dass man sich an das typisch asiatische Overacting erst einmal gewöhnen muss und dass sich die Serie zum Ende hin etwas verliert. Insgesamt bin ich jedoch schwer begeistert und gespannt darauf, ob die Serie ihre Qualität in der zweiten Staffel halten kann.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Netflix