Hawkeye

Staffelfinale: 22.12.2021 | Anbieter: Disney+ | Episoden: 6 | FSK: 12 | Land: USA | Genre: Action, Abenteuer


Kritik

Es sind nur wenige Tage vergangen, seitdem "Spider-Man: No Way Home" unfassbare 587 Millionen Dollar an den weltweiten Kinokassen umgesetzt hat. Wohlgemerkt am ersten Wochenende. Der drittbeste Filmstart aller Zeiten zeigt, dass das MCU auch nach "Avengers: Endgame" noch lange nicht am Ende ist. Dennoch liegt ein turbulentes Jahr hinter Marvel, die nach der Corona-Pause im Jahr 2020 insgesamt vier Filme und erstmals auch fünf Serien veröffentlichten. Eine Content-Flut, die dabei nicht immer zu überzeugen wusste, gerade was die mäßigen Serien um "The Falcon and the Winter Soldier" und "What If...?" anbelangt. Zum Jahresabschluss soll es nun also ausgerechnet der viel belächelte und langweiligste Avenger-Held "Hawkeye" ausrichten. Eine Rechnung, die allerdings überhaupt nicht aufgehen will, denn "Hawkeye" bleibt seinem Motto treu und sorgt statt für weihnachtliche Unterhaltung, vor allem für Müdigkeit auf dem heimischen Sofa.

 

Die "Hawkeye"-Serie folgt hauptsächlich der jungen Bogenschützin Kate Bishop (Hailee Steinfeld), die in Clint Barton alias Hawkeye (Jeremy Renner) ihr Vorbild und Mentor findet. Auf ihrer gemeinsamen Reise durch die New Yorker Unterwelt wird der Avenger jedoch von seiner düsteren Vergangenheit eingeholt.

So richtig viel haben wir über Hawkeye im MCU ja bislang nicht gelernt. Nach seiner sporadischen Einführung im ersten "Thor"-Film beließ man es bei seiner Beziehung zu Natasha Romanoff, gab dem Bogenschützen eine Familie und zeigte ihn nach deren Verschwinden im Blip, kurz als Ronin. Man durfte also durchaus gespannt sein, welche neuen Facetten wir in den sechs Episoden von Clint Barton entdecken würden. Die Antwort? Gar keine. Denn "Hawkeye" dreht sich hauptsächlich darum, ob es Clint rechtzeitig zum Weihnachtsfest zurück zu seiner Familie schafft, seine düstere Ronin-Vergangenheit holt ihn ein und auch Natashas Ableben spielt natürlich eine Rolle. Die Serie spinnt die bekannten Eckdaten des Helden damit weiter, allerdings dermaßen lustlos, dass sich schnell Langeweile einstellt. Etwas Neues lernen wir über den Helden ohnehin nicht. An seiner Seite steht die junge Bogenschützin Kate Bishop, die als vorlaute und übereifrige Nachwuchsheldin unterwegs ist. Die Mentor-Schüler-Dynamik zwischen den beiden hat für mich zu keinem Zeitpunkt funktioniert, stattdessen ging mir Kate mit ihren unlustigen Sprüchen auf den Keks und Clints Charakter besitzt viel zu wenig Profil, um irgendwie Interesse zu erzeugen. Wie man einem recht unbekannten Helden Profil verleiht, hat zum Beispiel "WandaVision" eindrucksvoll bewiesen, die Wanda Maximoff zu einem der besten Charaktere des MCU umkrempelte und wie man eine Heldin richtig ersetzt, hat "Black Widow" mit seiner Wachablösung von Scarlett Johansson zu Florence Pugh unter Beweis gestellt. Letztere ist nach der Abspannszene von "Black Widow" natürlich ebenfalls mit dabei und wischt mit ihrer Präsenz mit jedem Charakter der Serie den Boden auf. Und ihre Szenen mit Kate, die sich durch eine tolle Dynamik auszeichnen, sind auch die Einzigen, in denen Kate für mich funktioniert. Ein weiterer Rückkehrer, über den ich mich sehr gefreut habe, will ich an dieser Stelle nicht verraten. Sein Auftritt in der letzten Episode fällt jedoch ausgesprochen ernüchternd aus, da sein Charakter nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Hier verschenkt "Hawkeye" also genauso viel Potenzial wie bei allen anderen Charakteren der Serien. So bleibt die gehörlose Maya ziemlich blass und die Geschichte von Kates Eltern, gespielt von Vera Farmiga und "Better Call Saul"-Bösewicht Tony Dalton, ist vollkommen vorhersehbar. Somit gibt es am Ende nicht viel, was bei "Hawkeye" funktioniert. Die Charaktere sind austauschbar und die Handlung echt langweilig. Immerhin kommt "Hawkeye" mit seinen sechs recht kurzen Episoden und der gewohnten Marvel-Mischung aus Humor und Action recht kurzweilig daher. Ansonsten hätte ich die Serie vielleicht sogar abgebrochen.

Und letztlich müssen wir uns auch noch einmal über die Produktionsqualität unterhalten. Die stimmte bei den bisherigen MCU-Serie ja eigentlich, die mit ihrem Kino-Look zu überzeugen wussten. Auch "Hawkeye" sieht die meiste Zeit über hochwertig produziert aus, es gibt allerdings einige miese Effekte, die diesen Eindruck immer wieder über den Haufen werfen. Gerade eine Auto-Verfolgungsjagd in der Mitte der Serie, die augenscheinlich komplett vor dem Greenscreen entstand, ist mit ihrer lächerlichen Physik und schlechten Effekten alles andere als gelungen. Hinzu kommen die neuen Trickpfeile von Hawkeye, deren Fähigkeiten nicht nur total absurd sind, sondern teils zum billigen Look passen. Wenn sich in der angesprochenen Szene ein violetter Schaum auf dem schlecht animierten Auto ausbreitet, sieht das immerhin ganz schön trashig aus.

 

Fazit

Mit "Spider-Man: No Way Home" hat uns das MCU bewiesen, wie stark es immer noch sein kann, nur um uns mit "Hawkeye" wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Natürlich war Jeremy Renners Charakter schon immer der langweiligste Avenger, dass seine eigene Serie dem Charakter aber gar keine neue Facetten abgewinnen kann, hätte ich nicht erwartet. Dass zwei Rückkehrer, Florence Pugh aus "Black Widow" und ein Weiterer, den ich nicht verraten möchte, das Highlight der Serie sind, ist bezeichnend für die bisher schlechteste Serie des MCU. Wobei Letzterer in der finalen Episode gnadenlos verschenkt wird und damit zum uninspirierten Rest passt. Immerhin tritt Hailee Steinfeld als vermeintliche Renner-Ablösung Kate Bishop in die Fußstapfen Hawkeyes, indem sie genauso langweilig wie ihr Vorgänger ist. Bravo! Die einzigen Szenen, in denen mich Bishop mit ihren unlustigen Sprüchen nicht genervt hat, waren die mit Florence Pugh, deren Dynamik funktioniert ganz gut. Mit schwachen Charakteren, einer vorhersehbaren Geschichte, teils richtig miesen Effekten und albernen Trickpfeilen, versumpft die immerhin kurzweilige "Hawkeye"-Serie im totalen Mittelmaß. Ich liebe das MCU aber so schwach habe ich das Marvel-Franchise lange nicht mehr erlebt.

 

5/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney