die Partnerschaft zwischen Hollywood und China

The Great Wall ist der erste kulturübergreifende Blockbuster seiner Art, denn Hollywood und China nähern sich weiter an. Das führt auch zu Problemen.

The Great Wall © Universal
The Great Wall © Universal

Januar 2017 - The Great Wall markiert einen Meilenstein in der komplizierten Partnerschaft zwischen Hollywood und China. Die bisher größte amerikanisch-chinesische Koproduktion verschlang knapp 150 Millionen Dollar und geht einige neue Wege: Erstmals wurde ein Hollywood-Blockbuster vollständig in China und mit hauptsächlich chinesischen Darstellern gedreht. Dennoch sind mit Matt Damon, Pedro Pascal und Willem Dafoe drei Hollywood-Stars mit an Bord, die The Great Wall zu einer Erzählung für ein globales Publikum machen sollen. Doch chinesische und amerikanische Geschmäcker auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, ist ein schwieriges Unterfangen, wie ein Blick auf die Einspielergebnisse beweist: 200 Millionen US-Dollar hat The Great Wall an den weltweiten Kinokassen bislang generiert und ist damit eher mäßig erfolgreich. Zudem droht von beiden Seiten politisches Ungemach, was zu der Frage führt, ob die Partnerschaft der beiden großen Kinomärkte nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist.

The Mermaid © China Film Group
The Mermaid © China Film Group

Hollywoods neue Goldgrube schwächelt bereits

Für Hollywood-Studios gilt China schon seit einigen Jahren als gelobtes Land. Unglaubliche 48 % legte der chinesische Kinomarkt allein im Jahr 2015 zu, der mit 6,78 Milliarden US-Dollar den amerikanischen Einspielergebnissen (2015: 11,1 Milliarden Dollar) mit großen Schritten näherkam. Allzu überschwängliche Prognosen wurden abgegeben die voraussagten, dass China im Jahr 2017 die USA als größten Kinomarkt der Welt ablösen würden. Doch 2016 hat die Euphorie auf den Boden der Tatsachen geholt. Gegenüber 2015 wuchs der chinesische Kinomarkt nur noch um 3,7 %, was immer noch ein respektables Ergebnis ist, doch nachdem seit 2003 immer mindestens 35 % Wachstum vermeldet werden konnten, eine klare Enttäuschung. Umgerechnet 6,58 Milliarden Dollar wurden umgesetzt (aufgrund des schwächer gewordenen Yens sogar weniger als 2015), wovon 41,7 % auf Hollywood-Produktionen abfielen.

Beobachtern zufolge hat dieser Rückgang mehrere Faktoren: Zwar kam im Jahr 2016 mit The Mermaid (553 Millionen US-Dollar) die bisher erfolgreichste chinesische Produktion überhaupt in die Kinos, insgesamt lief es für die chinesischen Filme aber schwächer als im Vorjahr. Dazu wurde der immer wieder kritisierte Betrug bei den Kassenergebnissen bekämpft, Ticket-Subventionen von schnell wachsenden Online-Plattformen wurden gekürzt, und die generell schwache Wirtschaft Chinas im vergangenen Jahr gilt ebenfalls als einer der Gründe. Nun muss sich der chinesische Markt von den Fabelzahlen der vergangenen Jahre abwenden und auf ein langfristiges und gesundes Wachstum hoffen. Immerhin ist das Potenzial des Landes enorm.

Rogue One: A Star Wars Story © Walt Disney
Rogue One: A Star Wars Story © Walt Disney

Milliardenschwere Investitionen werden stärker reguliert

Längst geht das beidseitige Interesse über die bloßen Zahlen an den Kinokassen hinaus. Chinas Firmen und Milliardäre investieren in großem Stil in Hollywood-Studios und zahlreiche Partnerschaften werden geschlossen. So wurde im vergangenen Jahr Legendary Entertainment (Koproduzent u. a. von The Dark Knight) für 3,5 Milliarden Dollar von der chinesischen Wanda Group geschluckt, die in den letzten Monaten auch die Produktionsfirma der Golden Globes und diverse Kinoketten übernahm, um die US-Dominanz in der Filmindustrie zu brechen. Das Mega-Konglomerat sowie nicht weniger finanzkräftige Firmen wie Alibaba, die erst kürzlich in Steven Spielbergs Amblin Entertainment investiert haben, schließen gerade zahlreiche dieser Deals und es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch eines der großen Filmstudios aufgekauft wird.

Solche milliardenschweren Investitionen gehen jedoch nicht unbemerkt über den Tisch. Die Politik in beiden Ländern ist auf die Investitionen bereits aufmerksam geworden. Steigende Regulationen könnten den Geldfluss zwischen den Ländern zum Erliegen bringen. China beispielsweise bemüht sich inzwischen darum, die Kapitalflucht einzudämmen, die als einer der größten Faktoren der Abwertung der chinesischen Währung gilt. Nun sollen Investitionen strenger überwacht werden und gerade Ausgaben in Höhe von über 1 Milliarde Dollar außerhalb des jeweiligen Kerngeschäfts einer Firma eingehend geprüft werden. So scheiterte Ende letzten Jahres bereits die Übernahme des Indie-Studios Voltage Entertainment an den Anforderungen der chinesischen Aufsichtsbehörden.

Aber auch die USA sieht den wachsenden Einfluss Chinas auf die amerikanische Filmindustrie nicht gerne. Die Investitionen haben die Aufmerksamkeit des neuen US-Präsidenten Donald Trump erlangt. Dieser ernannte erst vor kurzem den Chinakritiker Peter Navarro zum Vorsitzenden des Nationalen Handelsrates und stellte gleich einen Handelskrieg mit China in Aussicht. Auch der Kongress pocht darauf, chinesische Investitionen in der amerikanischen Filmindustrie genauer zu überprüfen, um festzustellen, ob diese den Interessen der chinesischen Regierung dienen.

Der Marsianer © 20th Century Fox
Der Marsianer © 20th Century Fox

Was die USA und China langfristig verändern müssen

Diese Entwicklungen dürften die wachsende Partnerschaft zwischen Hollywood und China aber kaum merklich treffen. Dafür überschneiden sich die Geschäftsinteressen der beiden zu sehr, denn sie wollen gemeinsam die jeweiligen Milliardenmärkte erschließen. Denn ohne die Einnahmen aus dem Reich der Mitte kann inzwischen kein Film mehr Kassenrekorde brechen. Gut für die Studios: Noch in diesem Monat wird die Auslandsfilm-Quote in China neu verhandelt und soll dann voraussichtlich von 34 auf 44 Filme pro Jahr erweitert werden.

Dementsprechend wird Hollywood seine Filme weiter für den chinesischen Markt anpassen. Das bedeutet, die Anforderungen der chinesischen Zensurbehörden müssen weiter erfüllt werden und chinesische Darsteller und Handlungsschauplätze sollen mehr denn je das chinesische Publikum in die Kinosäle locken. Jüngstes Beispiel ist Rogue One: A Star Wars Story, der mit Donnie Yen und Wen Jiang nicht nur zwei der größten chinesischen Stars mit an Bord hat, sondern diese auch noch sinnvoll in die Handlung integriert. Zusätzlich werden wir uns darauf gefasst machen dürfen, dass China und nicht die USA in den Filmen immer öfter die Welt rettet. Als Vorreiter gelten hier unter anderem Ridley Scotts Der Marsianer und Roland Emmerichs 2012, in denen chinesische Techniker eine große Rolle spielen.

Für China liegt die größte Herausforderung darin, von der Expertise der Hollywood-Produktionen zu lernen und den technischen Rückstand auf die Filme wettzumachen. Denn es sind vor allem bombastische Effekte, die das Publikum in die Kinos locken. Eine Grundvoraussetzung also, um Zuschauer weltweit mit den Filmen anzusprechen. The Great Wall ist der Prototyp eines solchen kulturübergreifenden Filmes und sollte die Richtung künftiger Kooperationen vorgeben. Doch trotz des symbolträchtigen Bildes von Amerikanern und Chinesen, die gemeinsam auf der Chinesischen Mauer gegen unzählige Monster kämpfen, funktioniert The Great Wall beim Publikum nicht so wie erhofft. Lassen sich die beiden unterschiedlichen Geschmäcker einfach nicht unter einen Hut bringen? Zukünftige Produktionen werden sich daran messen müssen.


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