Drive, Ryan Gosling und Ich

Wie Drive mein Leben und meine Beziehung zu Filmen nachhaltig beeinflusste

Drive © Universum/24 Bilder
Drive © Universum/24 Bilder

Januar 2012. Ich sitze gespannt vor dem Fernseher und warte, auf das was kommt. Dann setzt endlich die Musik ein. Zum pulsierenden Klang von "The Chromatics - Tick of the Clock" spricht der namenlose Held die Zeilen "There's a hundred-thousand streets in this city. You don't need to know the route. You give me a time and a place, I give you a five minute window. Anything happens in that five minutes and I'm yours. No matter what. Anything happens a minute either side of that and you're on your own. Do you understand?". Verstanden. Die Fluchtwagenfahrt beginnt und eine knisternde Spannung legt sich über die Szenerie. Der Driver verzieht derweil keine Miene, ist der Inbegriff der Coolness und manövriert die beiden Räuber sicher aus der Gefahrenzone. Dann ertönt "Kavinsky - Nightcall" und die Kamera fliegt über das nächtliche Los Angeles. Mittendrin zieht der Driver einsam seine Runden und in diesem perfekten Moment realisiere ich, dass der Film weit mehr als ein Meisterwerk ist. Es ist die Geburtsstunde einer Ikone!

Doch beinahe hätte sich diese nahezu magische Nacht erst gar nicht ereignet. Denn von "Drive" hatte ich im Vorfeld noch nie gehört und Regisseur Nicolas Winding Refn war mir damals ebenso unbekannt wie Hauptdarsteller Ryan Gosling. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt zwar schon mein eigenes Heimkino und konnte einige Filme bereits mein eigen nennen, aber Filmfan war ich dadurch noch lange nicht. Auf den Film aufmerksam wurde ich erst durch diverse Höchstwertungen von Kritikern. Die Neugierde ließ mich dann den Trailer anschauen und von da an war mir klar, ich muss diesen Film sehen! Leichter gesagt als getan, denn kein Kino in meiner Nähe zeigte den Film. Ein Armutszeugnis. Gut, dass in Amerika zeitgleich mit dem deutschen Kinostart bereits die Blu-ray in den Handel kam. Da Not erfinderisch macht, wurde "Drive" kurzerhand Importiert und der Wahnsinn konnte beginnen.

Wahnsinn? Ja, das ist der einzige Begriff, der mir dazu einfällt. Im fünf Monate langen Zeitfenster bis zur deutschen Blu-ray-Veröffentlichung habe ich mir "Drive" ganze elf (!) Mal angesehen. Mit der deutschen Fassung kamen danach noch etliche Sichtungen dazu. Aber wieso? Wie schafft es "Drive" eine solche Anziehungskraft auf mich auszuüben?

 

Wie Drive mich zum Filmfan machte

Ein Grund dafür ist der Film an sich. Ich schätze jeder Filmfan kann mir beipflichten, wenn ich sage, dass es so etwas wie den einen Moment gibt, nachdem man Filme fortan in einem anderen Licht betrachtet als zuvor. Diesen prägenden Moment hatte ich bei "Drive". Sei es die spannende Verfolgungsjagd ohne dutzende Autowracks, die wunderschönen Momente zwischen dem schweigsamen Driver und der hübschen Irene, die ausufernde Gewalt, die hypnotische Wirkung der Musik oder der ikonenhafte Auftritt Goslings. Refn inszeniert sein Meisterwerk nahezu perfekt und er sollte mit diesem außergewöhnlichen Film meinen Filmgeschmack nachhaltig verändert. Vom modernen Blockbuster-Kino zog es mich danach in die anspruchsvolleren Regionen des Kinos und ich lernte die Filme von Refn, Kubrick, Lynch und anderen kennen und lieben.

 

Wie Ryan Gosling über Nacht zu meinem Vorbild wurde

Mit dem Driver wollte sich Gosling seinen eigenen Superhelden kreieren und es ist ihm gelungen. Anders als seine Comic-Kollegen "Superman" oder "Spiderman" ist sein Driver ein Held ohne besondere Fähigkeiten und vollkommen in der realen Welt verankert. Wenn ich also morgen aus der Tür trete könnte ich rein theoretisch das gleiche vollbringen wie der Driver, was der Figur einen ganz besonderen Reiz gibt. Dazu passt niemand besser in die Rolle des Drivers als Gosling. Auch als Mann muss man sagen, dass er einfach verdammt gut aussieht und mit seinem Charisma und minimalistischen Spiel einen regelrecht in seinen Bann zieht. Der Driver ist ein echter Held, der alles vereint, was man sich wünscht und über Nacht wurde der mir vorher unbekannte Ryan Gosling zu meinem Vorbild an dem ich mich fortan orientieren sollte.

 

Ein Soundtrack für alle Lebenslagen

Es ist nachts, ich fahre alleine in meinem Auto, drehe die Musik auf und bin unendlich! So ähnlich geht es mir mit dem "Drive"-Soundtrack. Es gibt wohl nichts Besseres, als zu den Klängen von "Nightcall" durch die Nacht zu fahren. Ich weiß nicht, wie oft ich mir dieses Lied bereits angehört habe, doch noch heute, mehr als 2 1/2 Jahre nach dem ich es zum ersten Mal gehört habe, läuft es mindestens einmal am Tag und ich kann es ohne wenn und aber als mein Lieblingslied bezeichnen. Im Verbund mit den vier anderen Songs und dem hypnotischen Soundtrack von Cliff Martinez sorgt die Musik regelmäßig dafür das ich mit meinem Vorbild am Steuer verschmelze.

Wenn die Bücher und Filme der "Harry Potter"- Saga mich in meiner Kindheit und Jugend geprägt haben, dann hat mich "Drive" beim Erwachsenwerden geprägt. Dies kann ansonsten kein Film von sich behaupten. "Drive" hat mich nicht nur zum Filmfan gemacht, er hat mir darüber hinaus gezeigt, wer ich sein möchte. Ein Film, den ich nicht objektiv bewerten kann und zu dem ich eine ganz besondere Beziehung habe: Drive!


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