Die Zukunft des Kinos

Ist das Kino vom aussterben bedroht oder kann es sich den neuen Sehgewohnheiten anpassen?

Inglourious Basterds © Universal
Inglourious Basterds © Universal

Blickt man auf die Geschichte des Kinos zurück, muss man knappe 121 Jahre in der Zeit zurückgehen. Damals im Jahr 1895 führten die französischen Brüder Lumière den ersten, kurzen Film "Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat" vor und gelten damit als Erfinder des Films. Nun ist die Technik über die Jahre weit fortgeschritten. Der Stummfilm bekam zuerst Ton, danach Farbe und später visuelle Effekte. Inzwischen ist das Bild dreidimensional und in Zukunft könnten die Kinos sogar auf 4D oder Virtual Reality setzen.

Blickt man auf all die Jahre zurück, so beschreibt dieser Verlauf eine ziemliche Erfolgsgeschichte, denn egal ob damals oder heute, der Kinobesuch ist und bleibt ein Erlebnis, das man eigentlich nicht missen möchte. Doch in unserem digitalen Zeitalter und der schnelllebigen Welt in der wir nun mal Leben, kommt auch das traditionsreiche Kino in Schwierigkeiten. Weniger Menschen gehen ins Kino, kleinere Kinos müssen immer öfter Platz machen für große Multiplex-Kinos, die Streaming-Konkurrenz holt merklich auf und im modernen Heimkino ist eine technisch einwandfreie Ausrüstung längst keine Seltenheit mehr.

Das alles führt zur zentralen Frage: Ist das Kino vom Aussterben bedroht oder kann es sich den neuen Sehgewohnheiten anpassen?

Hugo Cabret © Paramount
Hugo Cabret © Paramount

Der Kinobesuch als Erlebnis

Das Kino erfreut sich in den meisten Teilen der Bevölkerung großer Beliebtheit. Denn beim Kinobesuch geht es um mehr als nur um den Film, es ist ein gemeinschaftliches Ereignis, zu dem die Kommunikation vor und nach dem Film schlicht dazu gehört. Denn Kino ist immer noch eines: Kultur. Setzt man sich für einen Film ins Kino, dann heißt das Abschalten vom stressigen Alltag, Zeit mit der Familie oder Freunden verbringen oder schlicht den Film genießen, auf den man sich bereits lange gefreut hat. Doch hat man es sich erst einmal im Kinosessel gemütlich gemacht, kann es schnell Störfaktoren geben, die einem den Spaß am Kinobesuch vermiesen. Sicherlich kann ein schlechter Film dafür verantwortlich sein, doch der Kinobesuch steht und fällt in der Regel mit seinem Kinopublikum. Ein ruhiges und konzentriertes Publikum oder ein laut auflachendes Publikum, in den jeweils richtigen Szenen, können den Effekt eines Films noch einmal deutlich erhöhen. Hat man Pech, dann sitzt man in der falschen Vorstellung. Neben Leuten die unentwegt miteinander reden, an den unpassendsten Stellen lachen, gegen die Kinosessel treten, sich laut das Popcorn in den Mund schieben oder schlicht eine viel zu schwache Blase haben. An manchen Tagen wird so aus Lust, schnell Frust. Zumal das Kino kein günstiger Ort ist. Bezahlt man erst einmal das Kinoticket, inklusive einiger Aufschläge wie für 3D oder Überlänge, zieht gerade der Kauf von Getränken oder Popcorn dem Besucher das Geld aus der Tasche. Zwar sind die Kinobetreiber auf genau diese Einnahmen angewiesen, insbesondere für Familien ist ein solcher Kinobesuch aber oftmals zu teuer.

Breaking Bad © AMC
Breaking Bad © AMC

Vom Kino zum Heimkino

Für viele heißt die Alternative das heimische Wohnzimmer. Der Mensch ist zwar von Natur aus ungeduldig, doch wer auf einen Film warten kann, der kauft oder leiht ihn sich vier Monate nach der Veröffentlichung einfach, und sichtet den Film zuhause. Essen und Getränke sind deutlich günstiger und der Film sowieso. Dies ist nicht nur die günstigere, sondern auch die einfachere Variante, denn es gilt keine räumliche Distanz zum Kino zu überbrücken, das Warten auf den Einlass und die lange Werbung entfällt und im heimischen Wohnzimmer ist es ohnehin am gemütlichsten. Ein großes Problem für die Kinos ist dabei auch zunehmend der technische Unterscheid zwischen Kino und Heimkino. Waren früher, gerade in der Zeit der Röhrenfernseher, die technischen Unterscheide noch gigantisch, kann man sich heutzutage bereits für relativ wenig Geld ein tolles Heimkino herrichten. Entweder per Beamer und Leinwand oder klassisch mit einem großen Flachbildschirm. Selbst Ultra-HD (Insbesondere seit dem Release der ersten Ultra-HD-Blu-Rays und -Player, Anfang April) und 3D sind im heimischen Wohnzimmer inzwischen kein Problem und mit einem vernünftigen Surround-System steht dem heimischen Kino nichts mehr im Wege. Bis auf ein noch größeres Bild und noch brachialeren Sound, fehlen dem Kino aktuell die großen technischen Unterschiede, die die Mühen für einen Gang ins Kino noch lohnenswerter machen würden.

Requiem for a Dream © Sagittaire Films
Requiem for a Dream © Sagittaire Films

Die Konkurrenz schläft nicht

Zumal die Konkurrenz nicht schläft und unaufhörlich am Thron des Kinos sägt. Insbesondere Video-on-Demand-Anbieter sind im Kommen und gerade die beiden großen international-führenden Unternehmen Amazon und Netflix attackieren immer häufiger das Kino. Nicht nur, dass sie Filme wie "Beasts of no Nation" selbst produzieren und direkt auf ihren Plattformen veröffentlichen, sondern inzwischen auch für fremde Filme, wie unlängst Nicolas Winding Refns "The Neon Demon", den Vertrieb übernehmen. Dieser Trend hat seinen Ursprung bei den Serien. Seit wenigen Jahren hat die Serienlandschaft den Ruf, qualitativ hochwertigeres zu produzieren als die großen Filmstudios. Verlassen diese sich immer häufiger auf ihre rentablen Franchises, kommen aus dem TV sehr erfolgreiche und hochwertige Serien wie "Game of Thrones" oder "Breaking Bad". Doch auch hier haben nicht nur die Fernsehanstalten das Sagen, denn Amazon und Netflix schlafen nicht und produzieren längst ihre eigenen Erfolgs-Serien wie "Mr. Robot" oder "House of Cards". Und nach den Serien, springen die Anbieter nun auch auf den Film-Zug auf. Dies wäre gerade für Filmfans gut, da etliche namhafte Independent- oder Arthouse-Regisseure hier eine neue Heimat finden könnten, um so ihre Filme jenseits des Massenmarkts zu produzieren. Für das Kino würde das ein weiterer Rückgang der kleinen Filme bedeuten und die Kinosäle könnten schon bald nur noch von großen Blockbustern bevölkert werden. Zumindest geht der Trend klar in diese Richtung, denn der Rückgang der kleinen Kinos, hin zu großen Multiplex-Kinos, ist bereits seit Jahren nicht mehr aufzuhalten.

Super 8 © Paramount
Super 8 © Paramount

Letzte Chance: Veröffentlichungszyklus?

Das Wichtigste was dem Kino also bleibt, ist der Veröffentlichungszyklus. Dieser beträgt ca. drei Monate in den USA und ca. vier Monate in Deutschland und beschreibt die Dauer zwischen Kinoveröffentlichung und DVD-Veröffentlichung der Filme. Gerade die VoD-Anbieter versuchen diesen Abstand jedoch zu verkleinern, doch im Prinzip ist es der Hauptgrund warum das Kino noch lebt. Könnten alle Filme von Anfang an auch zu Hause geschaut werden, würden wohl die wenigsten den Gang ins Kino veranschlagen und das Kino wie wir es kennen würde dann wohl tatsächlich aussterben. Umso umstrittener ist deshalb auch das brandneue Projekt "Screening Room" von Napster-Erfinder Sean Parker und Prem Akkarju, dass bereits viele Hollywood-Größen wie Peter Jackson, Steven Spielberg oder J. J. Abrams als prominente Unterstützer hat. Dagegen stehen die Meinungen von Größen wie James Cameron oder Christopher Nolan und selbstverständlich der Kinobetreiber, die darin einen Angriff auf einen ihrer letzten Vorteile sehen. "Screening Room" würde aktuelle Kinofilme zeitgleich auch zu Hause zur Verfügung stellen und für den stolzen Preis von 50 Dollar pro Film (gerade deswegen insbesondere für große Gruppen oder Familien interessant), könnte man sich den Film 48 Stunden lang ausleihen und bequem von zu Hause aus anschauen. Während die einen argumentieren, dass damit Menschen angesprochen werden, die normalerweise gar nicht ins Kino gehen und zusätzlich die Kinos als Ausgleich 20 der 50 Dollar, in Form von Freikarten für die "Screening Room"-Kunden, bekommen sollen, argumentieren die anderen, dass diese Subventionen nicht rentabel sind, während gerade Nolan und Cameron finden, dass Filme schlicht für die große Leinwand gemacht werden. So oder so, die "Screening Room"-Debatte wird wohl noch eine Zeit lang anhalten und könnte im digitalen Zeitalter, dem Kino entweder endgültig den Zahn ziehen oder die Filmlandschaft zeitgemäß revolutionieren.

Fazit

Die Konkurrenz für das Kino ist groß, denn alle wollen etwas vom lukrativen Kuchen abhaben, der Hollywood im Jahr 2015 zu einem Rekord-Umsatz von über 11 Milliarden Dollar verhalf. Die Kinobetreiber geraten durch gierige Studios (Disney beispielsweise, die für ihre Filme inzwischen einen größeren Anteil an den Einnahmen verlangen), angriffslustige Video-on-Demand-Anbieter, sowie den Konkurrenz-Modellen der Filmindustrie ("Screening Room") Zusehens unter Druck. Zumal weder der zu geringe technische Vorsprung, noch die Mühen eines Kinobesuches, die erheblichen finanziellen Mehrkosten für viele rechtfertigen.

Dennoch gibt es in absehbarer Zeit kaum einen Grund warum das Kino aussterben sollte: Dafür ist der Kinobesuch zu sehr auch ein kulturelles und gesellschaftliches Ereignis und die letztjährigen Rekord-Einnahmen wiedersprechen sogar dem prophezeiten Trend. Die Kinos werden, gerade mit Hilfe der großen Blockbuster, weiter überleben und die kleinen Filme werden wohl immer mehr auf VoD-Plattformen ihr zu Hause finden. Damit stirbt das Kino nicht aus, sondern wird sich nur verändern und das ist im schnelllebigen, digitalen Zeitalter auch gut so!


Kommentare: 2
  • #2

    Jan (Samstag, 07 November 2020 09:04)

    Ja das müsste so 2016 gewesen sein... Da hat sich inzwischen einiges getan :)

  • #1

    Roberto (Freitag, 06 November 2020 10:19)

    Hey, interessanter Beitrag, wann hattest du den verfasst? Das ist schon etwas her, oder ?

    LG