Der deutsche Film

Ein Versuch das deutsche Kinopublikum mit seiner Vorliebe für seichte Komödien zu verstehen

Fack Ju Göhte 2 © Constantin
Fack Ju Göhte 2 © Constantin

"Fack Ju Göhte 2" hat es geschafft. Zum einen steht man nun auf dem zweiten Platz der, nach Umsatz, erfolgreichsten deutschen Filme aller Zeiten, direkt hinter "Der Schuh des Manitu". Zum anderen hat man die "Minions" als besucherstärksten Film des Jahres abgelöst und schiebt sich mit mehr als 7 Millionen Kinobesuchern auf den ersten Platz. Nach "Fack Ju Göhte" 2013 und "Honig im Kopf" 2014, ist "Fack Ju Göhte 2" damit schon der dritte deutsche Film hintereinander, der zum erfolgreichste Film des Jahres wird. Ein Grund zum feiern? Mitnichten. Denn die drei Filme haben eines gemeinsam: Sie sind seichte Komödien und qualitativ jenseits von Gut und Böse. Ich möchte dabei nicht alle deutschen Filme schlecht reden, es sind genügend Perlen in den letzten Jahren angelaufen, doch ich Frage mich wieso immer wieder die Herren Schweiger, Schweighöfer und M'Barek die Massen derartig ins Kino ziehen?

Ein Erklärungsversuch:

 

Das Drama um die deutsche Komödie

Befragt man im Ausland die Menschen nach deutschem Humor bekommt man oft "Sie haben keinen." zu hören. Was hart und kurzsichtig klingt, ist in den meisten Fällen aber leider so. Den meisten ist guter Humor nichts mehr wert oder sie kennen ihn in Zeiten von Social Media und YouTube erst gar nicht, ansonsten wären die deutschen Komödien wohl auch nicht so erfolgreich.

Til Schweiger hat mit Filmen wie "Keinohrhasen" oder "Kokowääh" zuerst den Nerv des Publikums getroffen und folgt seither dem immer gleichen Prinzip: Seine Filme sind Feel-Good-Movies. Seichte Komödien, angereichert mit lockeren Sprüchen und einigen Witzen, unterlegt mit Pop-Songs aus den aktuellen Charts. Fertig ist der Film der beim Casual-Kinobesucher für Begeisterung sorgt. So einfach kann Kino sein werden sich die Macher denken. Mit "Honig im Kopf" widmete sich Schweiger im letzten Jahr sogar mal einem ernsteren Thema. Allerdings nur vordergründig, denn die schlimme Krankheit Alzheimer wird ausnahmslos beschönigt. Alzheimer als Grundlage für ein Feel-Good-Movie ist geradezu unverschämt und wurde dementsprechend von mir verissen (2/10).

Nun ist Schweiger aber längst nicht mehr alleine. Mit Matthias Schweighöfer ist in den letzten Jahren ein jüngeres Pendant zu Schweiger in Erscheinung gerreten. Auch er übernimmt den Posten als Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller und folgt der exakt gleichen Formel wie Schweiger. Und hat ebenfalls Erfolg. Schweighöfer fliegen die Herzen der meist weiblichen Zuschauer zu, dass seine Filme, wie die von Schweiger, handwerklich nicht gut gemacht sind und immer das Gleiche bieten, daran stört sich keiner.

Ein wenig anders sieht das mit "Fack Ju Göhte" aus. Bora Dagtekins Film setzt vielmehr auf den Nerv der jungen Generation. Mit dem attraktiven Hauptdarsteller Elyas M'Barek, der das liebenswerte Arschloch Zeki Müller spielt, wird mit Hilfe der Jugendsprache und etlichen Referenzen zum aktuellen Bildungssystem eine, natürlich völlig überzogene, Satire dessen Geschaffen, was sich alltäglich auf den Schulen Deutschlands abspielt. Das kann man witzig finden, markiert für mich aber eher den endgültigen Untergang des guten Humors. Der Asozialen-Humor des Films lies mir jedenfalls die Nackenhaare zu Berge stehen (3/10). Anders als Schweiger/Schweighöfer spricht der Film nicht alle Generationen an, sondern vor allem die Jugendlichen Zuschauer, die dafür aber in Scharen in die Kinos stürmen. In dieser Altersgruppe jemanden zu finden der den Film noch nicht gesehen hat, ist nahezu unmöglich.

Doch die drei sind nicht alleine, denn die ebenfalls beim eher jungen Publikum beliebten YouTube-Stars erobern nun auch noch das Kino. Ich selbst schaue mir gerne Videos von deutschen YouTubern an, aber der erst in diesem Jahr gestartete "Kartoffelsalat - Nicht Fragen?" schoss endgültig den Vogel ab. Das Machwerk einiger YouTube-Stars, die dabei von namhaften Größen wie Otto Waalkes unterstützt wurden, steht mit einer Durchschnittswertung von 1,1 auf dem ersten Platz in der Imdb-Liste der schlechtesten Filme aller Zeiten. Schuster bleib bei deinen Leisten. Im Kino haben die YouTuber jedenfalls nichts verloren.

 

Ein Blick auf die Fans

Nun liest man ständig vom Erfolg dieser Filme, doch wo sind die Fans? Blickt man sich auf den großen Filmportalen um, so ist wenig Begeisterung für diese Filme zu sehen. Mit Ausnahme einiger weniger Ausreißer befinden sich die Filme meist im unteren Wertungsbereich. Und da liegt auch die Erklärung für den Erfolg: Das Publikum, das sich die oben genannten Filme anschaut, treibt sich nicht auf Filmportalen wie beispielsweise Moviepilot herum. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber der Großteil des Publikums interessiert sich schlichtweg nicht so für Filme, wie es die aktiven Nutzer jener Seiten tun. Ob ein Steven Spielberg bald einen Spionage-Thriller im kalten Krieg heraus bringt, interessiert sie genauso wenig wie das künstlerisch anspruchsvolle Regie-Debüt von Ryan Gosling. Dieses Publikum will schlichtweg unterhalten werden.

Die Auswahl des Kinobesuches beschränkt sich bei ihnen auf die schnelle Auswahl aus den aktuellen Filmen und wenn da dann der gewohnte Name eines Til Schweigers draufsteht ist man zufrieden und hat seine Wahl getroffen. Dieses Publikum macht sich keine Gedanken über Wertungen oder den Anspruch, es reicht ihnen unterhalten zu werden. Auch in meinem engsten Freundeskreis konnte ich diese Beobachtung bereits etliche Male machen. Da wird ein ernster Film wie beispielsweise "Requiem for a Dream" als schlecht bezeichnet, schlichtweg weil er beim Ansehen keinen Spaß bereitet. Diese ganze Art von ernsten, anspruchsvollen oder nachdenklich-stimmenden Filmen existiert für dieses Publikum nicht und bekommt von vorneherein keine Chance.

 

Der Silberstreif am Horizont

Deutschland hatte früher eine große Bedeutung für die Filmwelt. Immerhin stammen Klassiker der Filmgeschichte wie "Metropolis" oder "Das Boot" aus Deutschland. Diese Zeiten sind also längst vorbei. Doch es gibt noch Hoffnung! Fernab der erfolgreichen Komödien laufen immer wieder kleine Perlen in den Kinos an. Das aktuellste Beispiel ist dabei der grandiose "Victoria". Nur einer von vielen richtig guten Filmen aus unserem Land. Aber auch Filme wie "Feuchtgebiete", der sogar richtig gut inszeniert war, oder die tolle "Fight Club"-Hommage "Who am I" machen Hoffnung auf bessere Zeiten. Leider bekommen diese dann nicht die Aufmerksamkeit die sie verdienen, denn momentan scheint der Erfolg der oben genannten Herrschaften noch lange nicht am Zenit angekommen zu sein. So bleibt einzig und allein die Hoffnung das der in Verruf geratene deutsche Film, irgendwann wieder besseren Zeiten entgegen sieht...


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