Großkatzen und ihre Raubtiere - Staffel 1

Staffelfinale: 20.03.2020 | Anbieter: Netflix | Episoden: 7 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Dokumentation, Krimi | Originaltitel: Tiger King


Kritik

Die besten Geschichten schreibt noch immer das echte Leben oder im Fall von "Tiger King" die absurdesten Geschichten. Kein Drehbuchautor in Hollywood käme auf solch überspitzte Charaktere und abstruse Geschichten und wenn doch, würden es alle als übertriebenen Schwachsinn abtun. Dieser B-Movie-Charakter durchzieht die Serie von Anfang bis Ende und sorgt für wahrlich abenteuerliche Wendungen und einen WTF-Moment nach dem anderen. Die True-Crime-Dokuserie profitierte in den vergangenen Tagen von einem riesigen Hype und dieser ist tatsächlich gerechtfertigt. 5.000-10.000 Tiger leben allein in den USA in Gefangenschaft, während lediglich 4.000 der Großkatzen weltweit in freier Wildbahn leben. Eine schockierende Zahl und trotzdem ist "Tiger King" keine Naturdoku, sondern dreht sich ganz und gar um die verrückten Menschen hinter den amerikanischen Privat-Zoos. Diese schillernden und geldgierigen Personen, mit klangvollen Namen wie Joe Exotic, sind das Gesprächsthema der letzten Tage und werden so schnell auch nicht vergessen werden. Auf Deutsch trägt die Serie übrigens den völlig unpassenden und nichtssagenden Namen "Großkatzen und ihre Raubtiere", weswegen ich die Serie nur mit ihrem Originaltitel "Tiger King" benenne. 

 

Normalerweise beginnen meine Kritiken damit, dass ich die Story der Serie kurz umreiße. Doch wie macht man das, wenn einer der noch "normalsten" Menschen der Serie nur fünf Tage nachdem ihr ein Tiger den Arm abgerissen hat wieder zur Arbeit erscheint? Indem ich auf die beiden Hauptcharaktere der Serie näher eingehe: Zum einen hätten wir da Joe Exotic, mit seinem gewöhnungsbedürftigen Haarschnitt und den schillernden Klamotten. Der schwule Cowboy hat nicht nur zwei Ehemänner, sondern besitzt auch einen Privat-Zoo mit über 200 Tigern. Der selbst ernannte "Tiger King" ist ein geborener Entertainer, Waffennarr, Präsidentschaftskandidat (!) und dreht nebenbei gerne Country-Musikvideos. Doch er hat ein Problem: Die Tierschützerin Carole Baskin liegt ihm im Nacken und er liefert sich ein hasserfüllte Fehde mit ihr, die sogar in einem geplanten Auftragsmord (ja richtig gelesen) mündet. Von seinen kriminellen Partnern um einen ehemaligen Drogenboss oder einem dubiosen Geschäftsmann aus Las Vegas, ganz zu schweigen. Doch auch seine Gegnerin Carole Baskins ist alles andere als eine Heilige. Die sogenannte Tierschützerin ist selber nämlich ebenfalls komplett durchgeknallt, mit einem Kleidungsstil aus Leopardenprints und einem Lachen, das selbst den Joker nicht mehr psychopatisch genug erscheinen lässt. Dazu kommt, dass sie Tiger zwar aus anderen Privat-Zoos befreit, jedoch nur um sie bei sich in Gefangenschaft zu stecken und damit ihr Geld zu verdienen. Und dann ist da ja noch die Sache mit ihrem verschwundenen Ehemann, den sie möglicherweise an ihre Tiger verfüttert hat.

Nur noch einmal zur Erinnerung: Wir reden hier immer noch von einer Dokumentation. "Tiger King" ist voll mit solchen absurden Charakteren, was sich bis in die Nebenfiguren durchzieht. Der bescheidene Doc Antle beispielsweise, der von allen "Lord" genannt wird und mit seinen 3-9 Ehefrauen (die Angaben variieren) seinen eigenen Privat-Zoo führt und die Tiger, die zu groß sind um noch als Schmusekätzchen für die Besucher durchzugehen, vermutlich auch gerne mal in der Gaskammer vergast. Es sind solche Geschichten die einen als Zuschauer mit Ungläubigkeit und weit offenem Mund vor dem Fernseher sitzen lassen. Immer wieder bricht man während der Serie in Gelächter aus, obwohl das Gezeigte oftmals alles andere als zum Lachen ist. Denn eigentlich ist die Story der geldgierigen Amerikaner die auf Lasten der Tiere das Geschäft ihres Lebens machen mehr als traurig. Eine Tierdoku ist die Serie jedoch nicht, stattdessen kümmert sich die Netflix-Serie um die Menschen hinter den Tigern. Für viele ein Kritikpunkt an der Serie, meiner Meinung nach weiß jedoch jeder der auch nur einen Funken Verstand besitzt, wie schlecht es den Tigern geht und wie verwerflich die ganze Geschichte ist. Immerhin kommt am Ende selbst Joe Exotic zu dieser Ansicht und dank des Hypes darf man sich nun auch ernsthafte Hoffnungen machen machen, dass diese Privat-Zoos in den USA endlich verboten werden. Interessanter sind aber die menschlichen Charaktere. Nach der Einführung in Episode 1, folgt in den beiden darauffolgenden Episoden erst einmal die Geschichte von Carole Baskin, die eigentlich kaum zu glauben ist und die Tierschützerin in richtig schlechtem Licht dastehen lässt. Ob "Tiger King" dabei zu Sensationsgeil ist oder nicht, muss derweil jeder selbst entscheiden. Ich traue dieser Frau jedoch alles zu! Danach entbrennt in Episode 4+5 ein verrückter Machtkampf um den Zoo, ehe die Serie mit der unglaublichen Auftragsmord-Geschichte zu Ende geht. "Tiger King" zaubert dabei eine Wendung nach der anderen aus dem Ärmel und es wird von Episode zu Episode immer absurder. Am Ende ist "Tiger King" eine Serie die man nicht verpassen sollte, weil sie eine Dokuserie ist wie man sie nur selten sieht. Manchmal etwas holprig erzählt, doch die verrückten Geschichten machen jene Schwächen gleich wieder wett. Am Ende sollte sich jeder sein sein eigenes Urteil über die Serie und ihre Charaktere machen, letztlich gehören sie jedoch alle in den Knast und nicht nur Joe Exotic. Denn diese Verrückten frei rumlaufen zu lassen, würde mich als amerikanische Bürger schon sehr besorgen.

 

Fazit

Die absurdesten Geschichten schreibt noch immer das echte Leben, wie die neue Netflix-Serie "Tiger King" eindrucksvoll beweist. Die Geschichte der völlig verrückten Großkatzen-Besitzer ist jedenfalls eine die man nicht verpassen darf. Dass "Tiger King" dabei so wenig auf das Schicksal der Tiere eingeht finde ich persönlich nicht schlimm, da jeder Zuschauer mit einem Funken Verstand wissen wird, wie verwerflich die geldgierigen Machenschaften aller Beteiligten sind. Ob Sensationsgeil oder nicht, die Geschichte der Serie weiß mit ihren unzähligen Wendungen und immer absurder werdenden Handlungssträngen, bis hin zu einem Auftragsmord, voll zu überzeugen. Trotz einer stellenweise etwas holprigen Erzählweise, wird die neue Netflix-Serie ihrem Hype durchaus gerecht und bietet genügend Raum für Diskussionen. Definitiv ein Highlight im Katalog des Streaming-Anbieters!

 

8/10


Kommentare: 0

Poster&Trailer: © Netflix