Toni Erdmann

Story

Winfried (Peter Simonischek) ist ein 65-jähriger, einfühlsamer Musiklehrer mit Hang zu Scherzen, der mit seinem alten Hund zusammenlebt. Seine Tochter Ines (Sandra Hüller) hingegen ist das Gegenteil: Als ehrgeizige Unternehmensberaterin reist sie um die Welt und von einem Projekt zum nächsten, um die Karriereleiter steil nach oben zu klettern. Vater und Tochter bekommen sich daher nicht oft zu sehen, aber das wird schlagartig anders, als Winfrieds Hund stirbt und er daraufhin beschließt, Ines unangekündigt bei der Arbeit in Bukarest zu besuchen. Wegen seiner Witze und der unterschwelligen Kritik an ihrem Lebensstil kracht es schon bald zwischen den beiden. Und dann verwandelt sich Winfried auch noch in sein alter Ego Toni Erdmann: das Gebiss ist schief, der Anzug schlecht und auf dem Kopf sitzt eine Perücke. Der schräge Vogel behauptet, Personalcoach zu sein, bringt Ines vor ihren Kollegen in einige peinliche Situationen – aber die Verkleidung sorgt auch dafür, dass sie und ihr Vater sich annähern…


Kritik

Maren Ades letzte Regiearbeit "Alle anderen" liegt bereits acht Jahre zurück, doch nun kehrt die gebürtige Karlsruherin mit ihrem neuen Film "Toni Erdmann" in die hiesigen Kinosäle zurück. Und wie! Das Drama wurde wie kaum ein Film zuvor beim Filmfestival in Cannes gefeiert. Dort wurde der Film uraufgeführt und ging als erster deutscher Beitrag seit acht Jahren ins Rennen um die begehrte Goldene Palme, die dem Film, trotz seiner Lobeshymnen aus aller Welt, verwehrt blieb. Doch Kritiker und Publikum waren sich einig, das "Toni Erdmann" einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre ist. Und tatsächlich ist das ausschweifend lange Werk zwar nicht perfekt, entwickelt aber einen ganz eigenen Sog und das ruhige Drama überzeugt in seinen tragischen Momenten ebenso wie in seinen komischen Momenten. 

Toni Erdmann

Kinostart: 14.07.2016

Länge: 162 Min.

FSK: 12

Genre: Drama

Regie: Maren Ade

Land: Deutschland, Österreich


Was "Toni Erdmann" von der ersten Sekunde an auszeichnet ist, dass er seine Geschichte nie überdramatisiert. Regisseurin Maren Ade erzählt hier vom alltäglichen Leben mit seinen alltäglichen Problemen, ohne dabei zu übertreiben. Und diese Alltäglichkeit und die damit verbundene Nähe und Identifikation mit den Figuren werden zu einer großen Stärke für das Drama. Anfangs benötigt man allerdings noch etwas Eingewöhnungszeit an das getragene Tempo und die Eigenheiten der Figuren, insbesondere in den quälenden ersten Minuten des Films, in denen die Fremdheit zwischen Vater und Tochter dominieren. Im Verlauf entwickelt der Film dann aber einen immer größer werdenden Sog und spätestens mit dem ersten Auftritt der Kunstfigur Toni Erdmann nach etwa einer Stunde, ist der Zuschauer mittendrin im emotionalen Geschehen. Dann spielt Ade ihre Stärken aus und zeigt wie diese beiden unterschiedlichen Figuren durch unterschwellige Gesten sich näher kommen und lässt ihre Fassaden bröckeln. Auch durch die unterschwellige Komik gelingt Ade ein ganz natürlicher und authentischer Film, dessen Hauptcharaktere man als Zuschauer gerne ins Herz schließt. Selbst die etlichen grotesken, im Finale sogar geradezu absurden, Szenen passen hervorragend ins Bild und münden in ein unaufgeregtes und vielschichtiges, emotionales Ende.

Hervorzuheben sind dabei insbesondere die beiden Hauptdarsteller, die wirklich alles für ihre Rolle geben. Die Kamera folgt den beiden auf Schritt und Tritt und Peter Simonischek und Sandra Hüller glänzen in ihren Rollen. Ganz groß spielt sicher Simonischek auf, dem mit einer grandiosen Leistung der Spagat zwischen Vater Winfried und Kunstfigur Toni Erdmann ausgezeichnet gelingt. Sandra Hüller steht ihm als starke und doch verletzliche Tochter und Geschäftsfrau Ines derweil in nichts nach und beide entwickeln trotz ihrer so ambivalenten und unterschiedlichen Charaktere eine einzigartige Chemie, die dem Film viel von seiner Faszination verleiht.

 

Fazit

"Toni Erdmann" ist keineswegs ein Film für jedermann. Dafür ist das Drama für das normale Kinopublikum zu ruhig und langatmig geraten und die ausschweifende Länge von 162 Minuten sorgt für einen bisweilen durchaus anstrengenden Film. Wer sich darauf einlässt wird dafür aber mit einem tragischen und witzigen Film zugleich belohnt, der die alltäglichen gesellschaftlichen Probleme unaufgeregt anspricht und gekonnt in Szene setzt. Ein intelligenter und zugleich unterhaltsamer Film, der tatsächlich zu den stärksten deutschen Filmen der letzten Jahre gehört. Sehr sehenswert!

 

Wertung: 8/10


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Poster&Trailer: © NFP/Filmwelt

Story: Quelle: Filmstarts.de