Anomalisa

Story

Michael Stone (Stimme: David Thewlis) ist der erfolgreiche Autor einer Reihe von Ratgeberbüchern und wendet sich in seinen Werken an Menschen, die im Kundendienst tätig sind. Für einen Vortrag bei einem Customer-Service-Kongress fliegt er nach Cincinnati in Ohio und kommt für eine Nacht in einem Hotel unter. Obwohl Michael angesichts seines beruflichen und privaten Erfolgs allen Grund zur Freude hat, fehlt etwas in seinem Leben, das er als allzu gewöhnlich und fade empfindet. In seinem Zimmer kommt ihm die verwegene Idee, eine alte Flamme anzurufen, mit der er vor zwölf Jahren Schluss gemacht hat. Doch Bella (Tom Noonan), die die Trennung nie ganz überwunden hat, ist von seinen Avancen gar nicht begeistert und ergreift die Flucht. Dann lernt Michael die überdrehte Kundenbetreuerin Lisa (Jennifer Jason Leigh) kennen, die sein Seminar besuchen will. Er ist auf der Stelle von der ungewöhnlichen Frau fasziniert…


Kritik

Der Amerikaner Charlie Kaufman gehört zu den besten Drehbuchautoren Hollywoods. Er steuerte die Drehbücher zu einigen der originellsten Filmen der jüngeren Geschichte bei, wie „Being John Malkovich“, „Adaption“ oder „Vergiss mein nicht“, für dessen Drehbuch er sogar einen Oscar gewann. Neben seiner Passion für das Schreiben von Geschichten, schlüpft er mit „Anomalisa“ zum zweiten Mal nach „Synecdoche, New York“ auch in die Rolle des Regisseurs. Unterstützt wird er dabei von Duke Johnson und die beiden kreieren mit „Anomalisa“ einen vor allem handwerklich beeindruckenden und aufwändig gefilmten Stop-Motion-Animationsfilm für Erwachsene, dessen Story allerdings deutlich simpler daherkommt als bei Kaufmans bisherigen Werken.

Anomalisa

Kinostart: 21.01.2016

Länge: 91 Min.

FSK: 12

Genre: Animation, Tragikkomödie

Regie: Charlie Kaufman, Duke Johnson

Land: USA


„Al Fregoli“, so der Name des Hotels in dem die Handlung von „Anomalisa“ überwiegend spielt, ist kein zufällig ausgesuchter Name. Der Name bezieht sich damit direkt auf das sogenannte Fregoli-Syndrom, einer seltenen psychischen Störung, bei der der Patient glaubt, alle anderen Menschen seien im Grunde eine einzige Person, die lediglich ihr Erscheinungsbild ändert. Das Fregoli-Syndrom ist damit eines der Hauptthemen des Films, da alle Charaktere im Film das gleiche Gesicht haben und zudem vom gleichen Sprecher synchronisiert werden, was gerade bei den Frauen zu Beginn noch etwas gewöhnungsbedürftig klingt. Passend zu dieser Gleichheit bestehen die Gesichter des Animationsfilms aus sichtbaren Masken was das Fregoli-Syndrom noch einmal verdeutlicht. Aufgebrochen wird diese Eintönigkeit dann mit dem Erscheinen von Lisa, die sich sowohl vom Aussehen, als auch mit ihrer Stimme von der breiten Masse abhebt und damit in den Fokus von Michael rückt. Eine wunderbare Bildersprache. Daneben dreht sich die Story um klassische moralische Themen wie die Einsamkeit, die Sorgen und die Sehnsüchte des Hauptcharakters. Die Grundstory von „Anomalisa“ ist aber sehr einfach gestrickt und spielt sich größtenteils im Hotel und an einem Abend ab und erzählt eine klassische Liebesgeschichte zweier recht unglücklicher Menschen. Ungewöhnlich für einen sonst so verschachtelten Charlie Kaufman Film.

Das „Anomalisa“ darüber hinaus ein Animationsfilm ausschließlich für Erwachsene ist, zeigt sich dabei nicht nur bei seinen ernsten Themen. Interessant ist vor allem die viel gelobte Sex-Szene des Films, die überraschend explizit, aber auch gefühlvoll und klasse inszeniert wurde.

Thematisch bedingt ist „Anomalisa“ dabei ein sehr ruhiger Film. Er braucht lange um in Schwung zu kommen, entwickelt dann aber einen tollen und fast hypnotischen Sog dem man sich nur schwer entziehen kann. Wer mit ruhigen und langsamen Filmen, die zudem noch ernste und bedrückende Themen behandeln, kein Problem hat, wird an „Anomalisa“ jedenfalls seinen Gefallen finden. Zumal allein schon die großartige Inszenierung einen Blick wert ist. Die realistischen Puppen und die detaillierte Umgebung sehen großartig aus und Kaufman und Johnson haben den einen oder anderen spektakulären Trick auf Lager. Die Optik macht wirklich viel her und man merkt „Anomalisa“ zu jeder Zeit die Liebe und die Mühen an, die man in das von Kickstarter finanzierte Projekt steckte. Zumal die englischen Synchronstimmen als sehr gelungen zu bezeichnen sind.

 

Fazit

Charlie Kaufmans neuestes Werk behandelt wieder einmal seine typischen Themen, wenn auch auf simplere Art und Weiße als bei seinen anderen Werken. Dennoch entpuppt sich sein Stop-Motion-Animationsfilm als sehenswerte Tragikomödie rund um einen verlorenen und psychisch kranken Mann, die vor allem auf Grund ihrer fabelhaften Inszenierung zurecht für einen Oscar in der Animationskategorie nominiert wurde. Unter dem Strich ist „Anomalisa“  also absolut sehenswert geworden, den teils überschwänglichen internationalen Kritiken kann ich mich jedoch nicht anschließen.

 

Wertung: 7/10


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Poster&Trailer: © Paramount Pictures Germany

Story: Quelle: Filmstarts.de