Victoria

Story

Mitten in der Nacht lernt die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) vor einem Club in Berlin die vier Freunde Sonne (Frederick Lau), Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burak Yigit) und Fuß (Max Mauff) kennen. Schnell kommen sich die Frau aus Madrid und der draufgängerische Sonne näher. Doch für die Jungs fängt die Nacht gerade erst an. Um eine Schuld bei Gangster Andi (André M. Hennicke) begleichen zu können, sehen sich die Vier gezwungen, eine krumme Sache durchzuziehen. Als einer aus der Gruppe schließlich unerwartet ausfällt, soll ausgerechnet Victoria als Fahrerin bei der heiklen Unternehmung einspringen. Was für sie zunächst wie ein spannendes Abenteurer klingt, entwickelt sich rasch zum Albtraum, denn der geplante Coup geht gründlich schief und das junge Glück von Victoria und Sonne wird knallhart auf die Probe gestellt...


Kritik

Plansequenzen in Filmen gibt es schon seit Ewigkeiten, doch seit ein paar Jahren ist das außergewöhnliche Stilmittel wieder im Kommen. „Gravity“ hatte eine sechs Minuten lange Sequenz zu Beginn des Films und Kameramann Emmanuel Lubezki bekam postwendend den Oscar dafür und bereits in diesem Jahr durfte Lubezki, für seine Kameraführung in „Birdman“, erneut den Oscar einheimsen. „Birdman“, einer der besten Filme des Jahres, wurde als eine einzige Plansequenz angelegt. Allerdings wurde hier und da getrickst um die 10-15 Minuten langen Takes zusammenzuschneiden. Das Ergebnis war künstlerisch erstklassig und eine wahre Bereicherung für die Filmlandschaft. Der deutsche Regisseur Sebastian Schipper treibt dieses Spiel nun auf die Spitze: Sein Film wurde tatsächlich in einem Take gedreht. 134 Minuten lang folgt die Kamera pausenlos den Schauspielern. Herausgekommen ist ein einzigartig dynamischer Film, der emotionaler und intensiver ist als die meisten seiner Genre-Kollegen, da er im Verlauf einen faszinierenden Sog entwickelt.

Victoria

Kinostart: 11.06.2015

Länge: 134 Min.

FSK: 12

Genre: Thriller, Drama

Regie: Sebastian Schipper

Land: Deutschland


„Victoria“ definiert sich natürlich vor allem durch seinen Stilwillen. Muss man sich am Anfang noch an die unkonventionelle Kameraführung gewöhnen, wird diese schnell zum Highlight des Films. Kameramann Sturla Brandth Grøvlen hat dabei alles andere als eine einfache Aufgabe. Ohne spezielle Belichtung und ohne zu wissen wo sich die perfekte Position für die Kamera befindet, folgt er der Hauptdarstellerin Laia Costa auf Schritt und Tritt. Er muss Leitern erklimmen, in engen Autos filmen und bei den Verfolgungsjagden den Darstellern hinterher rennen. Dass der Film optisch dennoch so gut bebildert ist, zeigt die hervorragende Leistung des Norwegers. Gerade da die Kamera unablässig den Darstellern folgt, ergibt sich eine erstaunliche Immersion, ein wahrhaftes mittendrin Gefühl wie man es nur selten erlebt. 3D oder sonstige Spielereien sind da unnötig. Getrickst wie bei „Birdman“ wird dabei nicht, allerdings ist die Kameraführung nicht so fließend wie beim Oscar-Gewinner, da gerade die hektischen Szenen extreme Wackelkamera beinhalten, schlechter macht dies den Film aber keinesfalls. Nur anders.

Auf schauspielerischer Seite weiß vor allem Laia Costa, die die Hauptfigur Victoria verkörpert, zu überzeugen. Die Kamera bleibt stets bei ihr und sie kann sich in den mehr als zwei Stunden keine Ruhepause gönnen. Dennoch ruft sie von größter Freude, bis zu größter Trauer sämtliche Bandbreiten ihres schauspielerischen Könnens ab. Ganz stark! Die Spanierin verständigt sich mit ihren deutschen Schauspielkollegen dabei in einem wilden Mischmasch aus Deutsch und Englisch. Diesen gemischten und meist eher rudimentären Dialogen merkt man an, dass sie improvisiert sind, doch das stört nicht im Geringsten, denn es passt zum ungekünstelten, realitätsnahen Szenario.

Von den männlichen Darstellern, die anfangs noch etwas asozial daher kommen aber ebenfalls gut gezeichnete Charaktere sind, weiß vor allem Frederick Lau als Sonne zu überzeugen. Sonne und Victoria, die sich im Verlauf verlieben, bilden ein höchst sympathisches Duo was umso betroffener macht, wenn die Nacht aus den Fugen gerät. Dies passiert nach etwa der Hälfte des Films und die recht konstruierte Story fällt einem dabei schon ein wenig auf, was aber letztendlich an der Art der Inszenierung liegt. Insgesamt gewinnt die Story keine Innovationspreise, ist aber in diese Inszenierung absolut passend integriert. Diese zweite Hälfte ist ebenfalls klasse, kann das Niveau der fantastischen ersten Hälfte aber nicht ganz halten. Zumal sich auch einige Nachtteile dieses Drehstils einschleichen. Neben der unruhigen Kamera, gibt es den ein oder anderen Leerlauf, gerade während der Autofahrten in denen meistens nur wenig passiert. An diesen Stellen hätte ein Dialog mehr mit Sicherheit geholfen.

 

Fazit

Was für eine Nacht! One Girl, one City, one Night, one Take…One Experience. Das sollte man dem Titel noch hinzufügen, denn “Victoria” ist ein Filmerlebnis der besonderen Art. Der in einer einzigen Plansequenz gedrehte Film, nimmt den Zuschauer mit auf eine über zwei Stunden lange Reise durch Berlin, der, Seite an Seite mit den Darstellern, die Ereignisse auf eine ungewohnt intensive Art und Weise miterlebt. „Victoria“ entwickelt im Verlauf einen unwiderstehlichen Sog und ist ein ebenso außergewöhnliches wie grandioses Stück Film. Der beste deutsche Film seit Jahren!

 

Wertung: 9/10


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Poster&Trailer: © Senator/Central

Story: Quelle: Filmstarts.de