Kind 44

Story

Leo Demidow (Tom Hardy) ist als Militärpolizist ein Handlanger der Sowjetunion unter Stalin, ein staatliches Instrument. Er hinterfragt seine Aufträge nicht und fühlt sich an keine Moral gebunden, die nicht durch die Partei vorgegeben ist. Von seinen Vorgesetzten wird Leo regelmäßig daran erinnert, dass es in seinem Land – der offiziellen Linie nach – bestimmte Verbrechen nicht gibt, Kindsmord etwa. Doch als die Leiche des kleinen Sohnes eines Mitoffiziers aufgefunden wird und der Staatsapparat den offensichtlichen Mord zu vertuschen versucht, kommt Leo ins Grübeln. Als ein weiteres Kind ermordet wird, stellt Leo eigene Nachforschungen an und gerät so ins Visier seiner Vorgesetzten. Er weckt das Misstrauen des Milizanführer Nesterow (Gary Oldman) und wird mit seiner Familie ins provinzielle Exil geschickt. Während dies Leos ehrgeizigem Rivalen Wassili (Joel Kinnaman) in die Karten spielt, wird Leos Suche nach dem Killer immer gefährlicher – nicht nur sein Leben ist in Gefahr, auch sein Vertrauen zu seiner Frau Raisa (Noomi Rapace) wird auf die Probe gestellt.


Kritik

Buchverfilmungen haben es nicht leicht. Die Seite der Leser ist enttäuscht weil zu viel verändert oder schlicht weggelassen wird und den Nicht-Lesern muss man die Geschichte, die sich oft über hunderte Seiten und mehr entwickelt, in zwei Stunden begreiflich machen. Eine Gratwanderung die eigentlich unmöglich zu vollbringen ist und demnach enttäuschen Buchverfilmungen immer und immer wieder. Ein ähnliches Schicksal ist nun auch diesem Film widerfahren. „Kind 44“ ist der Versuch den über 500 Seiten starken, weltweiten Bestseller von Tom Rob Smith in 138 Minuten Film zu pressen. Doch trotz des Drehbuchs, das es sogar auf Hollywoods „Blacklist“ für vielversprechende Drehbücher schaffte, versagte der Film durchweg bei den Kritikern und dem Publikum. Katastrophale 1,2 Millionen Dollar an den US-Kinokassen, für den 50 Millionen Dollar teuren Streifen, machten ihn zu einem kolossalen Flop für das Studio. So schlecht wie er gemacht wird ist „Kind 44“ allerdings nicht.

Kind 44

Kinostart: 04.06.2015

Länge: 138 Min.

FSK: 16

Genre: Thriller, Krimi

Regie: Daniel Espinosa

Land: USA, Tschechien, Großbritannien, Rumänien

Originaltitel: Child 44


Ursprünglich wollte Altmeister Ridley Scott „Kind 44“ inszenieren, gab den Regisseurs Posten dann aber doch an den Schweden Daniel Espinosa ab. Ob er wusste welche Aufgabe ihm hier bevorstand? Jedenfalls hat Espinosa durchaus seine Probleme mit dem Drehbuch und der Geschichte, denn es gelingt ihm kaum den Film zu einem homogenen Ganzen verschmelzen zu lasen. Der Film fühlt sich oftmals mehr wie eine Zusammenfassung des Buches an, da einige Handlungsdetails doch recht schnell abgehandelt werden. Die Motive der Charaktere, insbesondere des Mörders, der im Buch ein ausführliches und eindrucksvolles psychologisches Profil bekommt, sind dadurch nur selten richtig klar und der Film gerät immer wieder ins Stocken. Schade auch, dass man auf die viel diskutierte und intensive Eröffnungsszene des Buches verzichtet. Vielmehr dreht sich die Geschichte hier um die Jagd nach dem Mörder und der Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptcharakteren. Da diese beiden Themen allerdings auch im Buch nicht sonderlich originell waren und die Suche nach dem Mörder mehr und mehr zum austauschbaren „Tatort“-Krimi wird, kommt dem Film allerdings ebenfalls nicht zu gute. Hier hätte man sich mehr auf die Stärken des Buches fokussieren sollen.

Dennoch verfügt der Film über ein ordentliches Maß an Spannung. Der Mörder wird zwar schon ziemlich früh preisgegeben, jedoch ist die Jagd nach ihm durchaus spannend, was vor allem am an den kalten Krieg erinnernden Setting liegt, welches im Russland der Stalin-Ära angesiedelt ist. Die Charaktere verfolgen nicht nur den Mörder, denn sie werden selbst genauso verfolgt, durch ein System in dem es Mord nicht gibt und dementsprechend vertuscht wird. In Russland wurde der amerikanische Film auf Grund seiner Kritik am System verboten, doch „Kind 44“ ist meiner Meinung nach nicht zur plumpen anti-russischen Propaganda geworden.

Glücklicherweise wurde in der deutschen Synchronfassung auf den russischen Akzent der Originalfassung verzichtet. Wer auch immer auf die Idee kam, die amerikanischen Darsteller den ganzen Film über mit russischem Akzent sprechen zu lassen, dem gehört gesagt, dass dies den Film nicht glaubwürdiger macht. Im Gegenteil. Wenn man schon die Glaubwürdigkeit erhöhen möchte, dann soll man den Film gleich auf Russisch drehen und ihn untertiteln oder es lassen. Im deutschen wurde diese Entscheidung aber wie bereits gesagt ignoriert und man kann sich somit auf die normalen Stimmen der Darsteller freuen. Und diese haben es in sich! Alleskönner Tom Hardy spielt den Hauptcharakter Leo Demidow und liefert erneut eine tolle Leistung ab. Diese rohen, grimmigen und ernsten Charaktere liegen ihm ja ohnehin am besten. Daneben bleibt der Rest der Riege allerdings erstaunlich blass. Trotz großer Namen wie Gary Oldman, Noomi Rapace oder Jason Clarke kommt niemand über ein solide heraus, was bei diesem Ensemble überaus bedauerlich ist.

Was hingegen richtig gut gelungen ist, sind die Bilder von Espinosa. „Kind 44“ kommt beinahe farblos daher und der dreckig graue Look passt hervorragend zur düsteren Grundstimmung des Films und der Zeit in der er spielt. Die wenigen Actionszenen sind ihm trotz wackliger Handkamera gut gelungen und glücklicherweise auch nicht zu zimperlich geraten. Das FSK 16 geht jedenfalls in Ordnung und passt zur Vorlage.

 

Fazit

„Kind 44“ ist ein weiteres Beispiel dafür, wie schwierig Buchverfilmungen zu realisieren sind. Die Optik und Inszenierung stimmt, doch bei der Story fehlt der Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge, wodurch der Film eher wie eine brutalere und dreckigere Version des „Tatorts“ ausfällt. Schade auch, das Hollywoods versammelte A-Riege ihr Können nicht in dem Maß ausspielen kann wie man es gewohnt ist. Trotz aller Kritik ist aus „Kind 44“ immerhin ein spannender Krimi geworden der, die richtigen Erwartungen vorausgesetzt, durchaus ansehnlich geworden ist.

 

Wertung: 5/10


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Poster&Trailer: © Concorde Filmverleih GmbH

Story: Quelle: Filmstarts.de