The Last of Us - Staffel 1

Staffelfinale: 13.03.2022 | Anbieter: WOW | Episoden: 9 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Endzeit, Abenteuer


Kritik

Nach neun spannenden Wochen ist mein Serienhighlight des Jahres nun zu Ende gegangen. Zehn Jahre nach dem Release des Videospiel-Klassikers „The Last of Us“ hat es die Serienumsetzung nach einem langen Weg durch die Produktionshölle also endlich auf die heimischen Bildschirme geschafft. Die Erwartungen waren dabei von Anfang an hoch, immerhin gehören „The Last of Us 1&2“ zu den besten Spielen aller Zeiten und die gewohnt hohe Produktionsqualität von HBO ließ auf einen echten Kracher hoffen. Zumal mit dem „Chernobyl“-Schöpfer Craig Mazin und Videospiel-Regisseur Neil Druckmann auch der Showrunner-Posten vielversprechend besetzt wurde. Und tatsächlich gelingt der HBO-Serie eine sehr detailgetreue Verfilmung der Vorlage von Naughty Dog, die insgesamt sehr überzeugend ausfällt, allerdings auch ihre Schwächen besitzt. Gerade was das Pacing und die Intensität der Handlung angeht.

 

Interessant ist dabei, wie nahe „The Last of Us“ an der Vorlage bleibt, da zahlreiche Szenen gleich 1:1 aus dem Spiel übernommen werden. Das werden auf der einen Seite sicherlich einige schlecht finden, weil die Umsetzung kaum kreative Freiheiten besitzt, die euphorischen Reaktionen zeigen aber auch, dass das wohl genau das ist, was die Fans von einer Videospielverfilmung wollen. Und wer kann es Gamern nach Verfilmungen wie „Halo“ und „Monster Hunter“, die allesamt meilenweit von der Vorlage entfernt waren, schon verübeln? Auch Neil Druckmann sagte, dass Mazin und er nur Szenen verändert haben, wenn sie sie besser gemacht hätten. Und eines muss man „The Last of Us“ eben lassen: Das Spiel ist schon verdammt nahe dran an der Perfektion! Darüber hinaus nutzen die Showrunner aber auch das neue Medium sehr gut aus. Während man als Spieler natürlich die ganze Zeit über Joel und Ellie verfolgt, besitzt eine Serienumsetzung natürlich weitaus mehr Freiheiten. So erfahren wir beispielsweise mehr über die Cordyceps-Pandemie und auch für Ellies Immunität wird eine plausible Erklärung gefunden. Und dann gibt es auch noch Momente, die sich komplett vom Videospiel lösen, wie die großartige dritte Episode. Dort reicht ein Halbsatz eines Nebencharakters aus dem Spiel, um daraus eine einstündige Episode zu machen.

Allerdings kommt dieser Ausbau der bereits bekannten Geschichte auch zu einem teuren Preis. Denn mit Joel und Ellie habe ich in der Serie längst nicht das emotionale Band geformt wie noch in der Vorlage. Dafür sind die beiden einfach zu wenig gemeinsam zu sehen. Im Laufe der ersten Episode lernen sich die beiden überhaupt erst kennen, die dritte Episode dreht sich vollständig um zwei Nebencharaktere, die siebte Episode erzählt die Geschichte des „Left Behind“-DLCs über Ellies Vorgeschichte nach und in der achten Episode ist Ellie allein unterwegs. Statt mit Joel und Ellie also 15 Stunden lang durch die Post-Apokalypse der USA zu schlendern, verbringen wir lediglich rund fünf der neun Episoden mit den eigentlich Hauptcharakteren. Meiner Meinung nach ein Fehler, das Band der beiden so zu vernachlässigen. Und so erreichen auch die dramatischen Höhepunkte nie die gleiche Intensität wie im Videospiel, was dafür gesorgt hat, dass mein Interesse an „The Last of Us“ im Laufe der Staffel eher abgeflaut als gestiegen ist. Kurz nach dem Staffelfinale haben Mazin und Druckmann bereits bestätigt, dass „The Last of Us Part II“ mehr als eine Staffel umspannen soll. Eine Maßnahme, die ich mir bereits hier gewünscht hätte, denn so fühlt sich die Serie teils doch ziemlich überstürzt an. Und vielleicht hätten wir so auch den einen oder anderen Infizierten mehr gesehen, denn die bedrohlichen Pilzwesen spielen hier leider kaum eine Rolle.

Davon abgesehen kann ich der Serie aber kaum einen Vorwurf machen. Wie von HBO gewohnt sticht die sehr hohe Produktionsqualität ins Auge, auch wenn einige Greenscreens und Tier-CGIs auch nicht immer den Eindruck eines Blockbusters hinterlassen. Die Atmosphäre, die die überwucherten US-Städte hinterlassen, ist jedoch hervorragend und der Soundtrack, der ebenfalls direkt dem Spiel entnommen wurde, sorgt bei Spielern sogleich für Gänsehaut. Kritik gab es im Vorfeld der Serie lediglich an der Besetzung der Charaktere, die sich optisch doch ziemlich von ihren Vorbildern unterscheiden. Zum Problem wird das allerdings nicht, da Pedro Pascal und Bella Ramsey von Beginn an klar machen, wie überzeugend sie doch ihre Charaktere verkörpern. Gerade Ramsey gelingt der Spagat zwischen der aufgeweckten und sprücheklopfenden Ellie sowie der nachdenklichen und provokanten Ellie richtig gut. Ich bin nur gespannt, wie sie sich in den weiteren Staffeln schlägt, wenn ihr Charakter in deutlich düstere Gefilde abdriftet.

 

Fazit

Mein Serienhighlight des Jahres wird den hohen Erwartungen weitestgehend gerecht. „The Last of Us“ ist eine sehr detailgetreue Adaption des legendären Videospiels, die zahlreiche Szenen 1:1 aus der Vorlage übernimmt, gleichzeitig aber auch die vorhandene Geschichte um einige tolle Momente erweitert (Episode 3). Pedro Pascal und Bella Ramsey mögen ihre Vorbildern zwar nicht sonderlich ähnlich sehen, liefern aber eine sehr überzeugende Performance ab, während typisch für HBO der hochwertige Look und der fantastische Soundtrack überzeugen können. Allerdings ist mein Interesse an der Serie im Laufe der Staffel eher abgeflaut als gestiegen. Das liegt zum einen daran, dass ich bereits wusste, was passieren wird, zum anderen aber auch am überhasteten Pacing der Serie. Abzüglich ihres späten Kennenlernens in Episode 1, dem quasi Spin-off in Episode 3, Ellies Vorgeschichte in Episode 7 und Ellies Alleingang in Episode 8, kommen wir effektiv auf nur fünf Episoden, die das so wichtige Band zwischen Joel und Ellie formen. Zu wenig, denn so erreichen die dramatischen Höhepunkte leider nie die gleiche Intensität wie noch im Videospiel. Da die beiden Showrunner Neil Druckmann und Craig Mazin bereits angekündigt haben, die Story von „The Last of Us Part II“ auf mehr als eine Staffel aufzuteilen, hätte ich mir die gleiche Behandlung auch für den ersten Teil gewünscht. So bleibt die erste Staffel der HBO-Serie etwas hinter ihren Möglichkeiten zurück, dient aber als perfektes Vorbild dafür, wie Videospieladaptionen aussehen sollten. Jetzt hoffe ich nur, dass Druckmann, Mazin und HBO die Eier besitzen, um auch Abby vorlagengetreu von der Leine zu lassen! 

 

8/10


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Poster&Trailer: © HBO