Der Killer

Streaming: 10.11.2023 | Anbieter: Netflix | Laufzeit: 118 Minuten | FSK: 16 Land: USA | Genre: Thriller, Action | Originaltitel: The Killer


Kritik

Seit den Anfängen im Streaming-Business ist David Fincher ein elementarer Bestandteil von Netflix. Er war es, der im Jahr 2013 mit der ersten Netflix-Serie „House of Cards“ den Hype überhaupt erst lostrat und in den Jahren danach mit Publikumslieblingen wie „Mindhunter“ und „Love, Death & Robots“ sein Standing weiter ausbaute. Nur auf eines mussten wir seitdem weitestgehend verzichten: Seine Filme. Den letzten richtigen Fincher-Film gab es vor neun Jahren, als er mit „Gone Girl“ den besten Film 2014 ablieferte. Seitdem gab es lediglich das für zehn Oscars nominierte Biopic „Mank“. Auf einen neuen Thriller des unangefochtenen Thriller-Königs mussten sich die Fans aber gedulden. Bis jetzt. Mit „Der Killer“ kehrt Fincher zu seinem Lieblingsgenre zurück und inszeniert mit seiner chirurgischen Präzision Michael Fassbender als eiskalten Auftragskiller. Schade nur, dass die Story dabei auf einen Bierdeckel passt, denn bei der wie gewohnt exzellenten Inszenierung wäre definitiv mehr möglich gewesen.

 

In sechs Kapiteln und einem Epilog schickt Fincher seinen Hauptdarsteller Michael Fassbender von Paris über diverse Städte in den USA bis in die Dominikanische Republik. Wie es sich für einen Film über einen namenlosen Auftragskiller nun mal gehört. Die Schauplatzwechsel sind jedoch nicht das einzige, was an andere Film des Genres erinnert, auch die übergreifende Handlung ist alles andere als originell. Da wird aus einem missglückten Attentat und einem darauf folgenden brutalen Überfall auf die große Liebe des Killers ein klassischer Rache-Trip. Ein etwas pulpig anmutendes B-Filmchen zu drehen steht dem Regisseur von Meisterwerken wie „Fight Club“ sicherlich zu, gleichzeitig erwarte ich mir von einem Fincher-Film einfach eine vielschichtigere und spannendere Handlung als jene, die uns „Sieben“-Drehbuchautor Andrew Kevin Walker hier auftischt. Wobei „Der Killer“ auch einiges anders macht als besagte Genre-Kollegen. Der monotone Tagesablauf sowie der uncoole Kleidungsstil des Killers passt so gar nicht zu den stylish-coolen Auftragskillern, die man sonst so zu sehen bekommt, während das gelungene Voice-Over dem schweigsamen Charakter mehr Tiefe verleiht und in seinen besten Momenten Erinnerungen an „Fight Club“ weckt. Und auch der eigentlich so eiskalte Killer rückt recht schnell von seiner „Es ist mir alles scheiß egal“-Haltung ab und gerät stattdessen etwas aus der Balance. „Der Killer“ fühlt sich daher gar nicht so unterkühlt an, wie man es im Vorfeld vermuten konnte, zumal Fincher den Film mit einem für ihn etwas untypischen schwarzen Humor unterlegt und amüsante Sprüche wie „Niemand will etwas mit deutschen Touristen zu tun haben“ vom Stapel lässt.

 

Auch aus inszenatorischer Sicht befindet sich mit dem wohldosierten Einsatz einer Wackelkamera ein Element im Film, das wie normalerweise von David Fincher nicht zu sehen bekommen. Allerdings passt die ungewohnte Kamera hervorragend zum Film, da sie nur dann zum Einsatz kommt, wenn Michael Fassbenders Charakter gerade die Kontrolle verliert. Fassbender selbst wandelt mit seinem minimalistischen Spiel und seinem schweigsamen Charakter auf den Spuren von Ryan Gosling, was ihm aber bestens zu Gesicht steht. Ich verstehe schon, woher die vielen Stimmen vor einigen Jahren kamen, die sich Fassbender als neuen Bond-Darsteller wünschten. Überstrahlt wie der Hauptdarsteller lediglich von seinem Regisseur, der den Film mit seinem üblichen Perfektionismus in Szene setzt und dessen Stil wunderbar zum Hauptcharakter passt. So präzise wie der Killer seine Aufträge ausführt, so stelle ich mir Fincher auch hinter der Kamera vor. Ein toller Schnitt und ein hervorragendes Pacing sind die Folge, die den 118-minütigen Film trotz seiner simplen Rahmenhandlung nie langweilig werden lässt. Obwohl der Film mit einer brachialen Ausnahme auf Actionszenen verzichtet. Diese Kampfsequenz wirkt dank der starken Choreografie aber umso beeindruckender. Auch der wummernde Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross, die „The Smiths“-Playlist des Killers sowie der ebenso gelungene wie kreative Tonschnitt seitens Fincher sorgen dafür, dass „Der Killer“ unaufhörlich nach vorne geht. 

 

Fazit

Ihr kennt das: Ihr habt bei McDonald's, Burger King und Co. schon unzählige Hamburger verspeist, aber wenn ihr in einem netten Restaurant einen Burger bestellt, schmeckt er trotzdem viel besser. So oder so ähnlich fühlt sich der neue Netflix-Thriller „Der Killer“ an. Die simple Handlung haben wir schon in hunderten Filmen zuvor gesehen, aber die exzellente Inszenierung von David Fincher macht den Film trotzdem zu einem besseren „Hitman“-Film. Das ist aber wie immer Geschmackssache, so als ob ihr euren Burger lieber mit Brötchen oder wie Fassbenders Auftragskiller lieber ohne Brötchen esst. Letzten Endes stehe ich einfach auf die chirurgische Präzision, mit der Fincher seine Filme inszeniert, das gelungene, an „Fight Club“ erinnernde Voice-Over sowie den tollen Soundtrack und Tonschnitt. Allerdings erwarte ich mir von Fincher und „Sieben“-Drehbuchautor Andrew Kevin Walker einfach eine vielschichtigere und spannendere Handlung als in diesem Film. Obwohl „Der Killer“ mit seiner ungewohnten, aber wohldosierten Wackelkamera, dem untypischen Humor sowie dem monotonen Tagesablauf und dem uncoolen Kleidungsstil des Killers auch einiges anders macht als vergleichbare Filme. So springt für den sehenswerten neuen Fincher-Thriller "nur" eine 7/10 heraus, obwohl mir Michael Fassbender mit seiner minimalistischen Ryan-Gosling-Gedächtnisperformance richtig gut gefallen hat.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Netflix