Barbie

Kino: 20.07.2023 | Laufzeit: 114 Minuten | FSK: 6 Land: USA, GBR, KAN | Genre: Komödie, Abenteuer


Kritik

„Barbenheimer“ - Teil 2: Über das Phänomen der beiden zeitgleichen Kinofilme habe ich bereits in meiner Kritik zu „Oppenheimer“ gesprochen und eine Woche nach der Veröffentlichung gelten beide Filme bereits als ganz große Hits. Im Vergleich zum neuen Film meines Lieblingsregisseurs Christopher Nolan, den ich in jedem Fall im Kino angesehen hätte, ist mein Kinobesuch hier das eigentliche Phänomen. Hätte mir vor der Ankündigung dieses Films jemand gesagt, dass ich eines Tages in eine „Barbie“-Verfilmung ins Kino gehen würde, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt. Immerhin hatte ich als kleiner Junge nichts für die weltberühmte Puppe übrig. Doch wenn das Drehbuch von den beiden Arthouse-Eheleuten Greta Gerwig und Noah Baumbach stammt und Margot Robbie sowie Ryan Gosling für die Hauptrollen besetzt werden, ist klar, dass es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche „Barbie“-Verfilmung handelt. Und so landete das vielleicht spannendste Hollywood-Projekt bereits in meiner Liste der meisterwarteten Filme 2023 vor „Oppenheimer“. Und so wird es vermutlich auch am Ende des Jahres in meiner Bestenliste aussehen!

 

Wer die quietschbunten bzw. quietschpinken Trailer zu „Barbie“ gesehen hat, der weiß ungefähr, worauf er/sie sich einstellen muss. Trotzdem brauchten zumindest meine Augen rund fünf Minuten, um sich an die außergewöhnliche Optik zu gewöhnen. Die Welt von Barbieland wird nämlich mit viel Liebe zum Detail umgesetzt und besteht aus zahlreichen liebevoll gestalteten (und vor allem pinken) Sets, die direkt aus einem Kinderzimmer stammen könnten. Ein genereller Ansatz, den Greta Gerwig und ihr Team beschreitet, denn von der Dusche, aus der kein Wasser kommt, über leere Tassen bis hin zu einer Barbie, die beim Verlassen des Hauses keine Treppe benutzt, sondern einfach in ihr Auto fliegt, wurde die Fantasie eines Kindes beim Spielen sehr gut in Szene gesetzt. „The Lego Movie“ lässt grüßen!

Wenn ein Film aber schon mit einer großartigen Hommage an einen meiner Lieblingsfilme „2001 - Odyssee im Weltraum“ beginnt, hat er ohnehin schon einen Stein bei mir Brett. Und diese Hommage ist der Auftakt dafür, dass ich zwei Stunden lang mit einem Dauergrinsen im Kino saß. Natürlich zünden dabei nicht alle Gags, gerade die Plattfuß-Szene ist dafür ein ganz gutes Beispiel, aber viel zuverlässiger, als ich es im Vorfeld erwartet hatte. Greta Gerwig reichert den Film mit ungemein viel Situationskomik und einer ordentlichen Portion Meta-Humor an, die „Barbie“ zu einem ganz großen Spaß machen. Und sie kann sich dabei auf einen starken Cast verlassen, von Michael Cera, der den unscheinbaren Allan verkörpert, über Will Ferrell als Mattel-CEO und weiterer „The Lego Movie“-Parallele bis hin zum halben „Sex Education“-Cast. Im Zentrum der unzähligen Barbies steht aber natürlich Margot Robbie. Ich glaube, wir können sehr froh sein, dass Amy Schumer die Rolle wegen Terminschwierigkeiten absagen musste, denn ich kann mir keine bessere Darstellerin für die stereotype Barbie vorstellen als die talentierte Australierin. Und obwohl es sich in einem so feministischen Streifen etwas falsch anfühlt, ausgerechnet einen Mann in den Vordergrund zu heben, kann ich über die Performance von Ryan Gosling nur schwärmen. Der Kanadier ist bereits seit „Drive“ mein Lieblingsschauspieler, liefert hier aber die vielleicht zweitbeste Leistung seiner Karriere ab. Sein komödiantisches Timing, seine urkomischen Gesichtsausdrücke, einfach seine ganze Art passt perfekt zu seiner Rolle als Ken und Gosling ist ohne Frage das Highlight des Films! 

Damit sollte er eigentlich reelle Chancen auf einen Oscar als bester Nebendarsteller haben, wenn nicht, dürfte nach „City of Stars“ aus „La La Land“ wenigstens der zweite von Gosling performte Song einen der begehrten Goldjungen gewinnen. Denn seine Performance im Song „I'm Just Ken“ ist einfach unschlagbar. Aber auch die restliche Mischung aus mitreißenden Tanzchoreografen und dem tollen Soundtrack weiß zu überzeugen und der eine oder andere Song dürfte uns in den nächsten Wochen noch in den Charts begleiten. 

Doch „Barbie“ besteht nicht nur aus einer Reihe an Feel-Good-Momenten, sondern schlägt öfter als gedacht auch die nachdenklichen Töne an. Immerhin stand die Puppe in all den Jahren viel in der Kritik, gerade als darum ging, Mädchen ein falsches Schönheitsideal zu vermitteln. Kritik wie diese wird nun lautstark aufgenommen und auch Mattel bekommt so sehr sein Fett weg, sodass es mich teilweise schon fast gewundert hat, wie viel der Konzern, der den Film auch produziert hat, seiner Regisseurin hat durchgehen lassen. Genau das ist es aber, was ich mir von diesem Film erhofft habe, der eben keine seichte Beweihräucherung der Figur ist, sondern sich mit der Puppe kritisch auseinandersetzt. Auch wenn all das natürlich sehr plakativ und wenig subtil geschieht, passt es doch wunderbar zum Rest des Films. Und natürlich bekommen auch wir Männer unser Fett weg, wodurch einem in ein paar Szenen äußerst treffsicher der Spiegel vorgehalten wird. Zwar handelt es sich bei „Barbie“ um einen feministischen Film, der sich eindeutig an Mädchen und Frauen richtet, den von einigen kritisierten Männerhass konnte ich aber zu keinem Zeitpunkt entdecken. Zumal dafür ja auch die Figur von Ryan Goslings Ken da ist, der meiner Meinung nach sogar den besser Charakterbogen als Barbie spendiert bekommt. Oder zumindest den nachvollziehbareren, denn die finale Aussage rund um Margot Robbies Barbie wird am Ende nicht ganz klar. Da verschenkt das ansonsten sehr gelungene Drehbuch von Greta Gerwig und Noah Baumbach ein wenig sein Potenzial. 

 

Fazit

„Barbie“ liefert am Ende genau das, was ich mir von dem Film erwartet und erhofft hatte. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Drehbuch der beiden Arthouse-Eheleute Noah Baumbach („Marriage Story“) und Greta Gerwig, die bereits mit den starken und emanzipierten Frauenfiguren in ihren beiden oscarnominierten Filmen „Lady Bird“ und „Little Women“ für Furore gesorgt hat. Und so handelt es sich bei dieser „Barbie“-Verfilmung eben nicht nur um eine Beweihräucherung, sondern auch um eine kritische Auseinandersetzung mit der weltberühmten Puppe und ihrem Mutterkonzern Mattel. Und auch wir Männer bekommen den Spiegel vorgehalten, den von einigen kritisierten Männerhass konnte ich jedoch nicht entdecken. Dafür sorgt auch der alles überragende Ryan Gosling in seiner Rolle als Ken, der insgesamt sogar die bessere und nachvollziehbarere Story spendiert bekommt als Margot Robbies Barbie selbst, deren Aussage am Ende nicht ganz klar wird. Neben diesen überraschend vielen, wenn auch sehr plakativen nachdenklichen Momenten, funktioniert „Barbie“ als Feel-Good-Film hervorragend. Ich saß zwei Stunden lang mit einem Dauergrinsen im Kino und hab mich von den zahlreichen lustigen Gags, den tollen Gesangs- und Tanzeinlagen sowie den liebevoll gestalteten Sets mitreißen lassen. „Barbie“ ist dabei die feministische Version von „The Lego Movie“ und hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Damit sichert sich „Barbie“ sogar einen Platz in meiner Jahresbestenliste und damit hätte ich vor diesem Film niemals mit gerechnet.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Warner Bros.